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Trainingstransfer managen: Was tun, damit Trainings Früchte tragen?

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Oft wird beklagt, dass gelernte Kenntnisse und Fertigkeiten bloß unzureichend Anwendung finden, wenn Trainingsteilnehmer in den Arbeitsalltag zurückkehren. Für Viele ist nicht das Lernen, sondern die Anwendung des Gelernten die eigentliche Herausforderung im Personalentwicklungsprozess (Baldwin, Ford & Blume, 2009; Burke & Hutchins, 2007; Solga, 2011). Zahlreiche Metaanalysen – d.h. quantitative Zusammenfassungen vorliegender Forschungsergebnisse – belegen das sog. Transfer­problem:

  • Alliger, Tannenbaum, Bennett, Traver und Shotland (1997) konnten in ihrer Metaanalyse bloß schwache Zusammenhänge zwischen Lern­er­folg und Lern­transfer nachweisen, nämlich durchschnittlich .11 für den Zusammenhang von Wissenserwerb und Lerntransfer sowie durchschnittlich .18 für den Zusammenhang von Fertigkeitserwerb und Lerntransfer. Fazit: Lerner­folg – nachgewiesen in Wissenstests oder in Rollenübungen am Ende eines Trainings – bietet keinerlei Gewähr für die Anwendung des Gelernten im Arbeitsalltag.
  • In ihrer Metaanalyse zum Behavior Modeling Training (BMT) – gemeint ist ein sehr übungs- und feedbackintensives Verhaltenstraining, das sich am Modell des Beobachtungslernens orientiert (vgl. Wihler, Solga & Blickle, 2014) – finden Taylor, Russ-Eft und Chan (2005) große Effektstärken für Lernerfolg (d = 1.05 für Wis­sens­erwerb und d = 1.09 für den Erwerb von Fertigkeiten). Auf der Ebene des Lern­transfers erwies sich die Wirksamkeit des BMT mit d = 0.25 jedoch als gering. Zugleich jedoch gilt das BMT gewissermaßen als ‚Goldstandard‘ für exzellentes und in besonderer Weise transferorientiertes Trainingsdesign!
  • Die Metaanalyse von Taylor, Russ-Eft und Taylor (2009) zur Effektivität von Führungstrainings zeigt, dass unterschiedliche Anspruchsgrup­pen – Trainings­teilnehmer, deren Kollegen, die Mitarbeiter der Trai­ningsteilnehmer – zu unterschied­lichen Einschät­zungen kommen, wenn es gilt, Lerntransfer zu beur­teilen. Am besten wird Lerntransfer von den Teilnehmern selbst eingeschätzt (d = 0.61). Kollegen da­gegen sind deut­lich weni­ger optimistisch (d = 0.25). Als besonders schwach wird der Lerntransfer aus Mitarbeitersicht beurteilt (d = 0.12) – für Mitarbeiter ist es offenbar so, als hätte der Vorgesetzte niemals an irgendeinem Trainingsprogramm teilgenommen!

Wie aber müssen Trainings gestaltet sein, damit Transfer gelingt? Und wie lassen sich Transferprozesse durch gezielte Aktivitäten im Arbeitsumfeld lernender Mitarbeiter unterstützen? Lerntransfermanagement beinhaltet sämtliche Maßnahmen zur Planung, Förderung und Kontrolle von Lerntransfer im Kontext betrieblicher Weiterbildung (Solga, 2011). Der Begriff des Lerntrans­fermana­gements soll – durchaus in programmatischer Ab­sicht – hervorheben, dass Lerntransfer nicht einfach von selbst ge­schieht. Transfer muss aktiv gefördert und eingefordert werden, damit Personalentwicklung Früchte trägt.

Zahlreiche Untersuchungen haben sich mit den unterschiedlichsten Treibern und Barrieren von Lerntransfer auseinandergesetzt. Letztere werden üblicherweise in drei Bereiche untergliedert (Baldwin & Ford, 1988):

  • Merkmale des Teilnehmers
  • Merkmale der Lernumgebung, also des Trainingsdesigns
  • Merkmale der Anwendungsumgebung, also des Arbeitsumfelds der Teilnehmer

Die nachfolgende Tabelle bietet eine Übersicht über Faktoren, die in der Trainingspraxis seit langer Zeit als Treiber oder Barrieren von Lerntransfer gesehen werden. Blume, Ford, Baldwin und Huang (2010) haben die Forschungsergebnisse zu diesen Faktoren in einer Metaanalyse zusammengefasst. Die von Blume und Kollegen berichteten durchschnittlichen Korrelationen (ρ) werden in Klammern ebenfalls in der nachfolgenden Tabelle dargestellt.Tabelle1 Tabelle2 Tabelle3

Das Wissen über transferförderliche Persönlichkeitsmerkmale und Einstellungen auf Seiten der Teilnehmer mag dabei helfen, die knappe Ressource‚ Unterstützung im Trainingstransfer‘ effektiv zu verteilen – Teilnehmer mit hoher Intelligenz und Gewissenhaftigkeit, mit stark ausgeprägter proaktiver Persönlichkeit und hohem Job Involvement benötigen weniger davon. Allerdings setzt diese Strategie voraus, dass die entsprechenden Merkmale gemessen und diese Messungen zur Begründung personalseitiger Maßnahmen verwendet werden dürfen. Für die allermeisten Organisationen dürfte dies nicht in Frage kommen. Und wer mit den Zwängen und Limitierungen der Trainingspraxis vertraut ist, wird auch die Möglichkeiten, Trainings konsequent transferförderlich auszugestalten, nicht allzu positiv bewerten können – zu wenig Zeit, zu viele Teilnehmer (siehe dazu auch Wihler, Solga & Blickle, 2014).

In der Metaanalyse von Blume et al. (2010) erweist sich ein anderer Weg jedoch auch ohnehin als wirksamer – die transferförderliche Ausgestaltung der Anwendungsumgebung, also des beruflichen Arbeitsumfelds lernender Mitarbeiter. Die durchschnittliche Korrelation zwischen Arbeitsumgebung und Lerntransfer beträgt ρ = .36. In ihrer Gesamtheit werden die transferkritischen Bedingungen im unmittelbaren Arbeitsumfeld als Lerntransferklima bezeichnet (Rouiller & Goldstein, 1993; Tracey et al., 1995). Holton und Mitarbeiter (u.a. Holton, Bates & Ruona, 2000) haben ein umfassendes Fragebogeninventar zur Messung des Lerntransferklimas, das Learning Transfer System Inventory (LTSI), entwickelt.

Fazit: Personalentwicklung darf sich nicht damit zufrieden geben, kurzfristig Lernerfolge zu bewir­ken. Sie ist vielmehr erst dann effektiv, wenn es gelingt, auch Lerntransferprozesse zu ermögli­chen. Der vorliegende Beitrag hat zahlreiche Möglichkeiten aufgezeigt, wie Lerntransfer gefördert wer­den kann. Viele dieser Maßnahmen sind längst be­kannt – es gilt aber, das Wissen endlich auch in die Praxis umzusetzen.

 

Leistungen Obermann Consulting

  • Analyse von Arbeitsumgebungen hinsichtlich ihrer Transferförderlichkeit (Transferklima)
  • Transferförderliche Ausgestaltung von Kompetenzentwicklungsmaßnahmen
  • Evaluation der Wirksamkeit von Kompetenzentwicklungsmaßnahmen

 

Literatur

  • Alliger, G. M., Tannenbaum, S. I., Bennett, W., Traver, H., & Shotland, A. (1997). A meta-analysis of the relations among training citeria. Personnel Psychology, 50, 341–358.
  • Arthur, W., Bennett, W., Edens, P. S., & Bell, S. T. (2003). Effectiveness of training in organizations: A meta-analysis of design and evaluation features. Journal of Applied Psychology, 88, 234–245.
  • Baldwin, T. T., & Ford, J. K. (1988). Transfer of training: A review and directions for future research. Personnel Psychology, 41, 63–105.
  • Baldwin, T. T., Ford, J. K., & Blume, B. D. (2009). Transfer of training 1988-2008: An updated review and agenda for future research. In G. P. Hodgkinson & J. K. Ford (Eds.), International review of industrial and organizational psychology, Vol. 24 (pp. 41–70). Chichester, UK: Wiley-Blackwell.
  • Blume, B. D., Ford, J. K., Baldwin, T. T., & Huang, J. L. (2010). Transfer of training: A meta-analytic review. Journal of Management, 36, 1065–1105.
  • Burke, L. A., & Hutchins, H. M. (2007). Training transfer: An integrative literature review. Human Resource Development Review, 6, 263–296.
  • Colquitt, J. A., LePine, J. A., & Noe, R. A. (2000). Toward an integrative theory of training motivation: A meta-analytic path analysis of 20 years of reserach. Journal of Applied Psychology, 85, 678–707.
  • Keith, N., & Frese, M. (2008). Effectiveness of error management training: A meta-analysis. Journal of Applied Psychology, 93, 59–69.
  • Rossett, A., & Schafer, L. (2007). Job aids & performance support: Moving from knowledge in the classroom to knowledge everywhere. San Francisco, CA: Pfeiffer.
  • Solga, M. (2011). Förderung von Lerntransfer. In J. Ryschka, M. Solga, & A. Mattenklott (Hrsg.), Praxishandbuch Personalentwicklung (3. Aufl.; S. 339–368). Wiesbaden: Gabler.
  • Solga, M. & Dura, M. (2012, 25. Sept.). Work Engagement – Mediator zwischen Transferklima und proaktivem Lerntransfer? 48. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs), 24.-27. Sept., Bielefeld.
  • Taylor, P. J., Russ-Eft, D. F., & Chan, D. W. L. (2005). A meta-analytic review of behavior modeling training. Journal of Applied Psychology, 90, 692–709.
  • Taylor, P. J., Russ-Eft, D. F., & Taylor, H. (2009). Transfer of management training from alternative perspectives. Journal of Applied Psychology, 94, 104–121.
  • Wihler, A., Solga, M. & Blickle, G. (2014). Personalentwicklung II: Karrieremanagement, Training und Beratung. In H. Schuler & K. Moser (Hrsg.). Lehrbuch Organisations­psycho­logie (4. Aufl., S. 369-405). Bern: Huber.

 

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Moderne AC-Beobachtertrainings – Stand der Dinge

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Alle AC-Verantwortlichen führen Beobachtertrainings durch. In älteren Studien hat sich jedoch der positive Einfluss dieser Trainings als eher gering oder gar nicht vorhanden dargestellt. So legen sich trotz Training die Beobachter im AC innerlich früh auf eine feste Meinung über die Kandidaten fest (Obermann, 2013).

In den Studien haben sich jedoch auch zwei vertiefende Elemente als effektiv erwiesen, nämlich die Verhaltenszuordnungen (engl. „Performance Dimension Training“) und das Bezugsrahmentraining (“Frame-of-Reference-Training”). Im Folgenden werden diese Methoden kurz erläutert.

Performance Dimension Training

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Beobachtertraining nach modernem Standard: Frame-of-Reference

Bei der Verhaltenszuordnung üben die Beobachter, beobachtetes Verhalten strukturiert mitzuschreiben. Die Beobachtungen sollten möglichst verhaltensnah erfasst werden, also in Form von wörtlichen Zitaten des Kandidaten. Körpersprachliches Verhalten bzw. Nicht-Reaktion (z. B. Nichteingreifen im Konfliktfall) sollte in Form einer Beschreibung notiert werden. Ein weiteres Lernziel ist es, die notierten Zitate direkt den passenden Dimensionen zuzuordnen und dabei die Bewertungsrichtung festzulegen (z. B. positiver oder negativer Indikator für Empathie). Dabei kann außerdem die Fähigkeit weiterentwickelt werden, Dimensionen genau voneinander abzugrenzen.

Im praktischen Vorgehen während des Beobachtungstrainings gibt es mehrere Varianten. Zum Beispiel können auf Moderationskarten vorbereitete Zitate und Beobachtungen gemeinsam den unterschiedlichen Dimensionen zugeordnet werden oder die Beobachter ordnen die Beobachtungen per Markierungen oder Abkürzungen zu. In einer weiteren Variante wird ein Beobachter bei dem zuletzt genannten Vorgehen von der Trainingsgruppe beobachtet.

Frame-of-Reference-Training

Das zweite vertiefende Element ist das Bezugsrahmentraining. Diese ist die Variante, auf die wir bei Obermann Consulting seit Jahren setzen. Der Gedanke dahinter ist, dass die früher übliche Forderung nach Trennung von Beobachtung und Beurteilung ohnehin nicht möglich ist, da es keine Beobachtung ohne zumindest implizite Beurteilung geben kann: Selbst wenn ich beobachte „Teilnehmer bringt drei Wortbeiträge“, dann liegt die Bewertung schon darin, dass ich gleichzeitig das nonverbale Verhalten nicht beschreibe. Bei dem aus unserer Sicht relativ fragwürdigen Mantra „bitte Beobachtung von Beurteilung trennen“ ist der ursprüngliche Gedanke verloren gegangen, dass nicht schon die Endbeurteilung des Kandidaten vorweg genommen werden sollte.

Im Frame-of-Reference-Training schreiben die Beobachter nicht auf einem freien Blatt mit, sondern halten schon während des Aufgabendurchlaufs nur jene Beobachtungen fest, die gemäß der vorgegebenen Kompetenzen gefragt sind und ordnen diese direkt den Kompetenzen zu. Das ruft im ersten Durchlauf bei den Beobachtern zunächst Widerstand hervor, da es eine große Herausforderung darstellt, im fortlaufenden Strom an Beobachtungen stetig zu prüfen, zu welchen Kompetenzen die Beobachtung zuzuordnen sind. Spätestens beim zweiten Durchlauf ist das Vorgehen jedoch viel einfacher.

Anschließend kommt der wichtigste Teil des Trainings: Die Teilnehmer üben die Bewertung an einem Bezugsrahmen, also einem bspw. auf einer 5-er Skala vorab festgelegten Erwartungsniveau. Dies setzt voraus, dass durch eine Expertengruppe oder in der ersten Beobachtergruppe zuvor dieser Bezugsrahmen als eine Best Practice auf der Basis eines Videobeispiels einmal ausgehandelt wurde.

Im Frame-of-Reference-Training gibt der Trainingsteilnehmer dann individuell und ohne vorherige Aussprache seine Bewertungen ab. Diese Bewertungen werden dann zwischen den Trainingsteilnehmern verglichen und diskutiert.

In mehreren Studien konnte die Überlegenheit des Frame-of-Reference-Trainings in Bezug auf Genauigkeit und Konstruktvalidität nachgewiesen werden (Guenole et al. 2011, Höft und Melchers, 2010). In der letzten Erhebung zum Anwendungsstand des Assessment Centers in Deutschland gaben von den 125 befragten Unternehmen in Deutschland immerhin 40% an, dass sie Beobachtertrainings nach diesem Konzept durchführen.

Zertifizierung von Beobachtern

Bisher wurde in Beobachtertrainings unterstellt, dass alle Teilnehmer die notwendigen Lerneffekte mitnehmen und danach „gute“ Beurteiler sind. Dieses Vorgehen steht im Kontrast zu jeder Erfahrung mit anderen Trainingsmaßnahmen, in denen der Trainingserfolg individuell unterschiedlich ist. Daher besteht eine Variante darin, den Erfolg des Trainings zu überprüfen. Für dieses Vorgehen gibt es zahlreiche Beispiele aus der Praxis: In einem amerikanischen Energieunternehmen führen die AC-Verantwortlichen eine Prüfung und Zertifizierung der zukünftigen Beobachter anhand eines computer-basiertes Beobachtertrainings durch (Goodstone & Lopez 2001). Wenn die am Computer abgegebenen Bewertungen eine Maximaltoleranz gegenüber dem Standard aufweisen, werden die Beobachter für ein weiteres Training vorgeschlagen oder im folgenden AC nicht mehr als Assessoren eingesetzt.

In einem anderen Beispiel mussten die Beobachter in der Vorbereitung von Development Centern (DC) mit 1205 Teilnehmern beim Postkorb mindestens 80% der richtigen Zuweisungen bezogen auf einen Expertenstandard nachweisen. Neben weiteren methodischen Verbesserungen konnte damit eine hohe Genauigkeit in den AC-Ergebnissen erreicht werden.

In der Praxis besteht häufig die Herausforderung darin, überhaupt Führungskräfte als Beobachter zu gewinnen. Diese mit einer Zertifizierung abzuschrecken, dürfte das Vorhaben weiter erschweren. Bei Obermann Consulting haben wir allerdings seit mehreren Jahren gute Erfahrung darin, AC-Moderatoren nach dem Training zu zertifizieren. Begonnen haben wir zunächst mit der Zertifizierung neuer eigener Beratungskollegen und setzen dies mittlerweile häufig auch für interne Moderatoren von Kundenunternehmen um.

Literatur:

  • Goodstone M. S., Lopez F. E. (2001). The frame of reference approach as a solution to an Assessment Center dilemma. Consult Psychol J: Pract Res 53(2), 96-107.
  • Guenole N., Cherynshenko O., Stark S., Cockerill T., Drasgow F. (2011). We’re doing better than you might think: a large-scale demonstration of assessment centre convergent and discriminant validity. In Povah N., Thornton III, G. C. (Hrsg.), Assessment Centers and global talent management (S. 15-32).
  • Höft S., Melchers K. G. (2010). Training von AC-Beobachtern: Worauf kommt es an?. Wirtschaftspsychologie 2010(2), 32-40.
  • Obermann, C. (2013). Assessment Center. Wiesbaden: Springer Fachmedien.

 

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Aus der Praxis für die Praxis: Pool an biografischen Interviewfragen

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1. Ausdauer
Die Ausdauer (engl. „perseverance“) ist der Teilaspekt der Eigenmotivation, der die Fähigkeit beschreibt, ein Ziel mit Anstrengung auch dann unvermindert weiterzuverfolgen, wenn dessen Erreichen lange dauert und Widerstände zu überwinden sind.

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Hohe Treffsicherheit im Interview durch valide Fragen nach der Berufsbiografie

  1. Manchmal müssen wir dicke Bretter bohren, um am Ende Erfolg zu haben. Für welches Vorhaben mussten Sie am längsten kämpfen? (Anmerkung: Geht die Antwort in Richtung von „Aushalten und Warten“ oder „Aktiv angehen“?)
  2. Können Sie mir ein Beispiel dafür geben, dass Sie eine Idee zunächst nicht „verkaufen“ konnten und es dann ein- oder mehrfach nochmals versucht haben? Was haben Sie jeweils anders gemacht? (Anmerkung: Wie lange reicht die Ausdauer?)
  3. Was war eine Aufgabe, bei der Sie trotz allem Bemühen aufgeben mussten, bevor sie abgeschlossen war?
  4. Für welches Thema/Projekt waren Sie verantwortlich, für das in der Organisation der größte Widerstand bestand?

 

2. Fleiß
Fleiß umschreibt die Bereitschaft, gerne viel zu arbeiten. Fleißige Personen haben auch keine Probleme damit, sich wiederholenden oder weniger komplexen Aufgaben zu stellen, ohne in ihrer Anstrengung nachzulassen.

  1. Denken Sie bitte an eine Phase in Ihrem beruflichen Leben, in der Sie besonders fleißig waren oder hart gearbeitet haben? Wann haben Sie sich gut gefühlt, wann war es zu viel?
  2. Wie sieht aktuell Ihr Arbeitstag/Ihre Arbeitswoche aus – wann beginnen Sie, wann sind Pausen, wann enden die Tage, was nehmen Sie nach Hause mit, wie viele Arbeitsstunden haben Sie? Wie intensiv empfinden Sie die Beanspruchung?
  3. Denken Sie an die letzten Wochen zurück und nennen Sie mir fünf Beispiele dafür, wie neue Aufträge/Aufgaben in Ihr Team hineinkamen. Wann haben Sie zuerst Ihren Finger gehoben, um das zu übernehmen, wann haben Sie sich gedacht, dass erst mal ein Kollege das übernehmen soll?
  4. Stichwort Fleiß: Können Sie mir anhand von für mich nachvollziehbaren Vergleichen oder Beispielen aus Ihrem aktuellen Arbeitsleben aufzeigen, wie fleißig Sie sind?
  5. Berichten Sie mir von einer Zeit, in der Sie hart gearbeitet haben, große Freude hatten, sozusagen im „Flow“ waren!
  6. Viele berufliche Tätigkeiten beinhalten auch weniger angenehme Seiten. Welche sind das bei Ihnen gewesen? Woran zeigt sich Ihr Erfolg oder Misserfolg dabei?

 

3. Misserfolgsvermeidung/Perfektionsstreben
Das Streben nach Fehlerfreiheit und Vollkommenheit wird als Perfektionsstreben beschrieben. Dies beinhaltet u. a. hohe persönliche Standards und Organisiertheit. Im Gegensatz zu diesem Streben ist die Misserfolgsvermeidung eher durch die Sorge vor Fehlern charakterisiert, was sich durch Leistungszweifel und Fehlersensibilität auszeichnet.

  1. Wohin geht aktuell Ihre meiste Energie dabei, bestimmte Fehler zu vermeiden?
  2. Stichwort Perfektionsstreben – wenn Sie sich mit Ihren Kollegen vergleichen, wann ziehen Sie nochmals eine neue Qualitätsschleife, wenn andere die Aufgabe schon als beendet erklären?
  3. Sind Sie eine Persönlichkeit, die nicht schon bei 90% Schluss macht, sondern auch noch die letzten Aspekte optimiert, selbst dann, wenn die Aufwands-/Nutzenrelation nicht mehr stimmt? Geben Sie mir Beispiele dafür, die diese Einstellung gut demonstrieren!
  4. Bei welchen Themen sind Sie absoluter Perfektionist, wann lassen Sie „fünf gerade sein“? (Anmerkung: Wenn diese Kompetenz wichtig ist, sollte idealerweise bei keinem Thema die „fünf gerade sein“.)

 

4. Erfolgsstreben, Ehrgeiz
Wer stark leistungs- und erfolgsmotiviert ist, also im Leben viel erreichen möchte/die Nummer eins oder der Beste sein will, besitzt ein hohes Maß an Ehrgeiz und Erfolgsstreben. Ehrgeizige Menschen setzen sich für sich selbst und ihre Aufgaben ambitionierte Ziele, die für andere Menschen mit gleichen Kompetenzen nicht erreichbar erscheinen und die sich entsprechend gar nicht erst auf den Weg machen.

  1. Bitte blicken Sie auf Ihre letzten beiden beruflichen Positionen zurück – welchen „foot print“ i. S. von nachhaltigen Verbesserungen/Ergebnissen haben Sie hinterlassen?
  2. Ich würde gerne verstehen, wie Sie Ihre aktuellen Tätigkeiten organisieren – nennen Sie mir bitte drei, vier oder fünf typische Tätigkeiten aus dieser Woche. Was war jeweils der Auftrag/die Ausgangslage, was war Ihr Anspruch für die Umsetzung und wie ist es Ihnen in der Umsetzung gelungen? (Anmerkung: Welcher Ehrgeiz wird aus den Beispielen deutlich?)
  3. Hatten Sie in Ihren letzten beiden beruflichen Stationen den Wunsch, Nummer eins werden zu wollen?
  4. Die meisten von uns haben schriftlich festgehaltene Zielvereinbarungen. Um Ihren Ehrgeiz zu verstehen: Haben Sie über die offiziellen Ziele hinaus eine persönliche Agenda, was Sie bewegen/verändern möchten?

Auf welche Erfolge in Ihrem beruflichen Leben sind Sie am stolzesten? (Anmerkung: Im Sinne von Erfolgsstreben wären kritische Antworten externe

  1. Belohnungen (z. B. Beförderungen oder Anerkennung) und gute Antworten Ergebnisse, die unter schwierigen Rahmenbedingungen oder unter Anstrengungen erzielt wurden.)
  2. Welche Erfahrungen haben Sie damit, in Wettbewerben, Rankings, Benchmarks usw. mit anderen Einheiten oder Kollegen bewertet und verglichen zu werden? Was waren dabei Ihre Erfolge und Misserfolge?
  3. Gehen wir bitte kurz Ihre vergangenen Jobs durch – mit welchen eigenen Zielen sind Sie jeweils gestartet, was waren nach einer Weile Ergebnisse und welche Widerstände haben Sie an der Zielerfüllung gehindert? Welche Hindernisse/Hürden traten in Ihrer Zielerreichung auf? Was haben Sie unternommen, um Ihre Ziele zu erreichen?

 

5. Gestaltungs-/Veränderungsmotivation
Menschen mit hoher Gestaltungs-/Veränderungsmotivation, einer Variante von Ehrgeiz, haben ambitionierte Ziele in Bezug darauf, in ihrer (beruflichen) Umwelt größere Veränderungen umzusetzen als andere Menschen.

  1. Berichten Sie von einer Zeit, bei der Sie das Gefühl hatten, im Job alles erreicht zu haben, um dann einen nächsten Schritt zu organisieren? (Anmerkung: Nachhaken, was tatsächlich eigene Bemühungen waren oder was Angebote von Dritten waren, die selbstwertdienlich interpretiert wurden.
  2. An welchen ambitionierten Gestaltungs- und Veränderungszielen arbeiten Sie noch in Ihrer aktuellen beruflichen Aufgabe – was ist noch nicht erledigt? (Anmerkung: Welcher Gestaltungsanspruch wird hier deutlich?)
  3. Sind Sie ein Mensch mit vielen Ideen, der viel bewegen will? Wenn ja, anhand welcher Beispiele aus dem aktuellen Job könnten Sie dies demonstrieren?
  4. Wenn Sie auf Ihre bisherigen Gestaltungsbeiträge im Beruf schauen – an welchen Stellen konnten Sie auch über Ihre eigene Abteilung/Region hinweg erkennbar wirksam werden?
  5. Wenn Sie sich mit Ihren Kollegen vergleichen, welches Gehör haben Sie für Gestaltungs- und Veränderungsvorschläge, die über Ihren direkten Arbeitsplatz hinausgehen?
  6. Wenn Sie Ihren aktuellen Job damit vergleichen, wie Sie ihn ursprünglich übernommen hatten, was sind Unterschiede, die aufzeigen, was Sie alles verändert und gestaltet haben?

 

6. Einsatz und Commitment für den Job
„Commitment“ (engl. für Bindung, Hingabe oder Einsatz) steht für die Stärke der Identifikation einer Person mit seinem Job. Wer für seinen Job brennt, hinter den auszuführenden Tätigkeiten und Aufgaben steht, gerne zur Arbeit geht und bereit ist, die „Extra-Meile“ zu gehen, zeigt eine starke Identifikation und großen Einsatz für seinen Job.

  1. Was sind berufliche Einschnitte, die Sie haben hinnehmen müssen (z. B. Umzüge, Jobwechsel ohne unmittelbare Vorteile), die gleichzeitig Ihren Einsatz für das Unternehmen demonstrieren?
  2. Was sind in Ihrer aktuellen beruflichen Aufgabe Tätigkeiten, für die Sie richtig brennen und bei denen Sie gar nicht mehr auf die Uhr schauen?
  3. Wenn Sie an die letzten Monate zurückdenken, wann mussten Sie eine „Extra-Meile“ für Ihren Job gehen?
  4. Sind Sie jemand, der neue Aufträge/Aufgaben sofort anpackt und erledigt? Können Sie mir aus den letzten Wochen dafür zwei oder drei Beispiele benennen, die wir ggfs. später vertiefen?
  5. Bitte blicken Sie auf die zeitliche Belastung innerhalb Ihrer vergangenen beruflichen Tätigkeiten zurück: Was waren Situationen, in denen das normal übliche Maß überschritten war, wann war es gerade noch o. k.? (Anmerkung: Hier sehr stark ins Detail zu genauen Arbeits- und Pausenzeiten an einzelnen Tagen gehen, um sozial erwünschte Antworten zu verhindern.)
  6. Für welche Projekte – zusätzlich zu Ihrem „Tagesgeschäft“ und Ihrer Führungsaufgabe – waren Sie in den letzten drei Jahren verantwortlich und konnten diese erfolgreich abschließen?

 

7. Verantwortungsbereitschaft
Verantwortungsbereitschaft ist verwandt mit der Initiative. Hier geht es darum, speziell dann Initiative zu zeigen, wenn sich andere Personen um Missstände oder Aufgaben nicht kümmern. Verantwortungsbereite Menschen denken auch einen Schritt weiter, welche weiteren Folgen ihr Tun haben könnte und verhalten sich danach.

  1. Verantwortungsbereitschaft bedeutet u. a., Dinge in die Hand zu nehmen, die andere gar nicht erst sehen. Können Sie bitte kurz nachdenken und aus den letzten Wochen einige Beispiele für solche Situationen und Ihr Verhalten zusammenstellen?
  2. Wenn Sie auf die letzten Monate zurückblicken, was haben Sie getan, was eigentlich mehr ist als das, was vom Job her notwendig wäre? (Anmerkung: Sind es Selbstverständlichkeiten oder große Dinge?)
  3. Wann haben Sie zuletzt etwas in die Hand genommen, für das Sie eigentlich nicht verantwortlich sind, das aber offensichtlich erledigt werden musste?

 

Dienstleistungen Obermann Consulting

  • Überarbeitung von Kompetenzmodellen als Leitrahmen für die Personalarbeit
  • Konzeption von Interviewleitfäden und Zusammenstellung valider Interviewfragen
  • Training von Führungskräften und Personalern in professioneller Interviewführung

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Professionelle Interviewführung: Lessons Learned

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Manchmal stellen Personaler erst nach der Durchführung eines Interviews fest, dass ihnen die Antwort des Bewerbers nicht genügend Substanz für eine Bewertung geliefert hat. Vorbeugen kann man einer solchen Situation durch konkretes (und geübtes) Nachhaken während des Interviews, zum Beispiel mit der STAR-Methode: Was war die genaue Situation? Was war Ihre konkrete Aufgabe dabei (Task)? Welche Handlungen/Initiativen haben Sie im Detail eingeleitet, um die Aufgabe zu bearbeiten (Action)? Was war das Ergebnis (Result)?

In unseren „Lessons Learned“ zeigen wir Ihnen ein negatives und ein positives Beispiel für Interviewsituationen auf.

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Work in Partnerships – tragfähige Beziehungen gestalten

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Ein Trainingsprogramm für HR-Spezialisten

HR-Spezialisten und -Businesspartner müssen partnerschaftliche Kooperationsbeziehungen zu Stakeholdern in den unterschiedlichen Geschäftsbereichen und zu Experten innerhalb und außerhalb des Unternehmens pflegen. Denn sie benötigen die Unterstützung von Change Champions und Sponsoren, um Akzeptanz zu schaffen für ganzheitliche, multidimensionale Lösungen in Talent- und Performance-Management. Folglich gilt es, das Spannungsfeld der Erwartungen und Interessengegensätze – die politische Arena – zu verstehen und mitzugestalten. Das Training zeigt, wie dies gelingen kann. In drei Bausteinen liefert es Leitmodelle und Handlungsempfehlungen zur Gestaltung tragfähiger Stakeholder-Beziehungen.

Role Taking und Role Making

Wer berufliche Beziehungen proaktiv und zielorientiert gestalten will, muss wissen, was er leisten soll und wofür er stehen will. Er muss die Erwartungen der anderen kennen und zugleich in der Lage sein, attraktive Rollenangebote zu machen. Der erste Baustein soll die Teilnehmer darin unterstützen, die Möglichkeiten und Grenzen der eigenen Rolle im Unternehmen zu erkennen, das eigene Kompetenzportfolio zu beschreiben und ein positives Selbstbild der eigenen Profession und Rolle zu entwickeln.

Inhalte:

  • Klarheit im Selbstverständnis schaffen: HR-Kompetenz- und Rollenmodelle; Unternehmensstrategie und HR-Mission
  • Rollen-Erwartungen von Stakeholdern proaktiv gestalten: Stakeholder-Analyse und Entwicklung eines persönlichen Brand-Statements


Die politische Arena verstehen

Der zweite Baustein vertieft die Idee, dass Organisationen politische Arenen sind, also Spannungsfelder der Interessengegensätze. Er informiert über wichtige Leitmodelle und Forschungsergebnisse. Er hilft den Teilnehmern herauszuarbeiten, was die unterschiedlichen Aspekte der politischen Dimension des beruflichen und des organisationalen Alltags für die eigene Arbeit bedeuten. Wie entsteht informelle Macht? Welche Strategien der Einflussnahme sind erfolgreich? Welche sind es nicht? Welchen Einfluss hat politische Geschicklichkeit? Was kann man von denen lernen, die über ein hohes Ausmaß an politischer Geschicklichkeit verfügen?

Inhalte:

  • Macht und Einfluss im Spannungsfeld der Interessengegensätze verstehen
  • Politische Geschicklichkeit entwickeln: interpersonelle Sensibilität und wirksames Kommunizieren im beruflichen Kontext


Begegnungen und Kontakte gestalten – Beziehungen pflegen

Der dritte Baustein gibt umfangreiche Handlungsempfehlungen und eröffnet Übungsmöglichkeiten zum Thema‚ Kontakte und Beziehungen im beruflichen Kontext gestalten‘. Worauf kommt es in der Gestaltung sozialer Netzwerke an? Wie entstehen Sympathie, Vertrauen, Reputation? Und wie können sie gefördert werden?

Inhalte:

  • Die Leitmodelle der High-Quality Connections und der psychologischen Kontrakte verstehen
  • ‚Respektvolle Zuwendung‘ im direkten Kontakt zeigen
  • Psychologische Kontrakte gestalten
  • Wertschätzung und Vertrauen schaffen
  • Netzwerke aktiv gestalten: Networking-Kompetenz

Wir bieten dieses Trainingsprogramm für ganze Teams von HR-Spezialisten und – in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) – für einzelne Teilnehmer an (informieren Sie sich über die nächsten Termine auf http://www.dgfp.de/seminare). Sollten Sie Interesse an diesen Themen haben – sprechen Sie uns an!

 

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News zum Online-Assessment

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Neues Design – bewährte Qualität!
Die Online-Testverfahren der Obermann Consulting GmbH wurden 2015 umfassend überarbeitet: Neu-Normierungen, aktualisierte Formulierungen sowie kürzere Durchführungszeiten sind das Ergebnis unserer vierteljährlichen Release-Zyklen. Auch unser Testdesign haben wir verändert – dies ist nicht nur modern sondern auch funktional: Durch das neue Layout unserer Fragebögen OCM und OCP sparen Sie in der Durchführung bis zu 8 Minuten.

Der Kölner Test zur kognitiven Kompetenz (numerisch) – KTK-N

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Der Kölner Test zur kognitiven Kompetenz (verbal) – KTK-V

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Neues Design des OCM und OCP

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Berufsbezug im Persönlichkeitstest zahlt sich aus!
Der Einsatz von Persönlichkeitsverfahren im Rahmen der Personalauswahl und -entwicklung ist häufig umstritten. Umso wichtiger ist es zu wissen, auf welche Qualitätsmerkmale es bei Persönlichkeitsverfahren ankommt.

Laut einer aktuellen amerikanischen Studie von Bing, H. Davison und Smothers (2014) im International Journal of Selection and Assessment sagen Persönlichkeitsverfahren mit direktem Berufsbezug die Arbeitsleitung besser vorher als allgemeine Persönlichkeitsverfahren, die in verschiedenen Kontexten (z. B. Klinik, Schule etc.) eingesetzt werden können. Obermann Consulting nutzt diese Erkenntnis in seinen Testverfahren bereits seit Jahren und bietet zudem die Möglichkeit der individuellen Anpassung an Ihren beruflichen Kontext an.

 

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Grundlagenwissen psychologischer Eignungsdiagnostik für AC-Konzeption – Teil 1

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Unterschied „Brigitte-Test“ zu wissenschaftlich begründeter Eignungsdiagnostik

Eignungsdiagnostik wird nicht nur in der Boulevard-Presse („Bin ich ein Sommertyp?“), sondern auch in der Alltagspsychologie bei der Einschätzung anderer Personen fortlaufend von uns vorgenommen. Wir stellen interindividuelle Unterschiede fest („Michael ist fleißiger als Marco“), wir bewerten intraindividuelle Unterschiede („Genau kann die nicht arbeiten, dafür ist die richtig fleißig“), wir prognostizieren zukünftigen Erfolg („So wie die sich hier anstellt, wird das nichts“) und wir schätzen die Wirkung von Interventionen ab („Wenn ihr mal jemand richtig die Meinung sagt, dann würde die auch mehr Gas geben“). Es stellt sich demnach die Frage nach der Abgrenzung derartiger Alltagspsychologie von Eignungsdiagnostik mit wissenschaftlichem Anspruch.

Alle Urteile grundsätzlich widerlegbar

Eine erste Forderung ist die wissenschaftliche Grundidee der Falsifizierbarkeit, also einer Vorgehensweise, die die diagnostischen Urteile der grundsätzlichen Widerlegbarkeit aussetzt. Die alltagspsychologische Aussage „Ich habe eine gute Menschenkenntnis, ich weiß vorher, ob er mir sympathisch ist“ ist in diesem Sinne nie widerlegbar, weil die betreffende Person gleichzeitig Beurteiler und Maßstab für die Richtigkeit des Urteils ist. Für das AC mit eignungsdiagnostisch wissenschaftlichem Anspruch bedeutet dies, dass die Urteile und die einzelnen Schritte transparent und grundsätzlich angreifbar sein müssen.

Objektivierung und Standardisierung
Im Alltag können wir andere Personen als „Draufgänger“ oder „Schönling“ einordnen. Damit solche Urteile wissenschaftlich werden, bräuchte es objektiv beobachtbare Verhaltensmerkmale. Diese Verhaltensmerkmale müssten so gut sein, dass alle Beobachter anhand dieser Verhaltensmerkmale zur selben Einschätzung kommen. Die Qualität dieser Objektivität lässt sich dann anhand der Korrelation von Beobachtereinschätzung messen.

Verhaltensanker und Bewertungsstufen
In den ACs  der 90er Jahre war man noch damit zufrieden, dass die Konstrukte (Dimensionen) mit allgemeinen Verhaltensankern hinterlegt waren. Mittlerweile weiß man, dass die Beobachter eine globale Einschätzung der Leistung in der ganzen Aufgabe vornehmen und dabei, je nach persönlichem Menschenbild, einzelnen Aspekten ein kleines oder großes Gewicht geben (sogenannte implizite Persönlichkeitstheorien). Dies führt im Ergebnis bei gleicher Leistung des Kandidaten im AC zu völlig unterschiedlichen Bewertungen, weswegen allgemeine Verhaltensanker heute nicht mehr ausreichend sind. Zum Standard gehören erstens sogenannte aufgabenspezifische Verhaltensanker und zweitens Bewertungsstufen. Mit den aufgabenspezifischen Verhaltensankern ist gemeint, dass die Erwartung an die Kandidatenleistung vorab anhand des Inhalts der AC-Aufgabe spezifiziert wurde (vgl. Beispiel, Abb.1). Mit den Bewertungsstufen ist gemeint, dass vorab z. B. für eine 5-er-Skala festgelegt wurde, bei welchem Verhalten welche Bewertungsstufe vergeben werden soll.

Artikel 5 - Verhaltensanker Ergebnisorientierung

Abb.1: Verhaltensanker zur Kompetenz »Ergebnisorientierung« im Mitarbeitergespräch mit Beschreibung der Bewertungsstufen

„Gute“ und „schlechte“ Vielfalt von Beobachtereinschätzungen
Ein häufiger Streitpunkt im AC ist es, ob nicht ein zu intensives Beobachtertraining die gewünschte Vielfalt in den Einschätzungen der Beobachter hemmt. Zunächst: Die Vielfalt von verschiedenartigen Blicken auf Kandidaten ist die Grundidee des Assessment Center, um „Kaminkarrieren“ zu verhindern. Gleichzeitig müssen sich diese unterschiedlichen Blickwinkel jedoch im Sinne einer gegenseitigen Kontrolle am gleichen Bewertungsmaßstab ausrichten. Die Vielfalt von Beobachtertypen (z .B. Geschlecht oder Organisationseinheit) ist damit zu begrüßen. Eine Unterschiedlichkeit von Bewertungen bei gleicher Kandidatenleistung schmälert jedoch die Objektivität und auch die Gerechtigkeit.

Ohne Vergleichsnorm keine Ergebnisinterpretation
Die beschriebene Forderung nach Standardisierung würde auch ein Selbsteinschätzungsfragebogen in einer Publikumszeitschrift noch erfüllen. Was dem Laienfragebogen jedoch fehlt, ist eine Vergleichsnorm oder Basisrate, damit erkennbar ist, wie die Einzelperson gegenüber einer Vergleichsnorm abschneidet. Psychologische Konstrukte haben keinen Null-Punkt. Daher braucht es für die Interpretation den Vergleich zu einer Referenzgruppe, so wie die Mutter bei den Schularbeiten wissen wollte, wie denn die anderen Schüler abgeschnitten haben, bevor es Lob oder Tadel gab. Diese Vergleichsnorm besteht aus zwei Informationen: dem Mittelwert und der Standardabweichung der Werte der Vergleichsgruppe. Den Mittelwert braucht es, um zu wissen, ob die betreffende Person ober- oder unterhalb des Durchschnitts der Vergleichsgruppe liegt. Die Standardabweichung braucht es, um einschätzen zu können, ob der Abstand zum Durchschnitt geringfügig oder groß ist.

Eine breite Normierung wird aus ökonomischen Gründen für ein AC, das für lediglich ein paar Dutzend Personen durchgeführt wird, schwer leistbar sein. Dennoch sollte es im Minimum Probeläufe mit Teilnehmern aus der Zielgruppe geben. Damit wird verhindert, dass regelmäßig schwache oder gute Ergebnisse der Teilnehmer ein Artefakt von zu schweren oder zu einfachen Aufgaben sind.

Die Axiome der Testtheorie
Die Klassische Testtheorie (KTT) ist die am weitesten verbreitete psychometrische Testtheorie und stellt die statistische Basis (Cronbach, 1961) für eignungsdiagnostische Messungen und damit auch für das AC dar. Die KTT ist aufgrund ihrer Praktikabilität immer noch die präferierte Testtheorie und Grundlage für die Mehrzahl psychometrischer Testverfahren. Da die KTT bisher jedoch noch wenig Eingang in die AC-Konzeption gefunden hat, lohnt es sich, zunächst diese Basistheorie zu betrachten.

Der Schwerpunkt des Modells der KTT liegt auf der Genauigkeit einer Messung bzw. auf der Größe des jeweiligen Messfehlers. Jede Bewertung im AC enthält – wie jede Antwort in einem Test oder Interview – immer Fehler und Unsicherheiten, z. B. Missverständnisse beim Probanden, Stress-Empfinden oder Beobachtertendenzen. Die KTT versucht zu klären, wie, ausgehend von einem Testwert einer Person, in diesem Kontext die Bewertung auf einer AC-Kompetenz, auf die „wahre“ Ausprägung des zu messenden Persönlichkeitsmerkmals geschlossen werden kann.

Das erste Axiom der KTT besagt, dass sich jeder Testwert (X) additiv zusammensetzt aus einem wahren Merkmalsanteil (T = true), einer stabilen psychologischen Eigenschaft, und einem zufälligen Messfehleranteil (E = error):

X = T + E. Der Anteil von T und E an der Messung X kann unterschiedlich hoch sein.

Beobachtbar im AC sind lediglich die Testwerte (X), z. B. die Dominanz im Auftreten in einer Gruppendiskussion. Der wahre Merkmalsanteil und der Messfehleranteil können jedoch nicht direkt beobachtet werden, sondern werden indirekt ermittelt.

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Sicherheit in der Personalauswahl durch viele Messwiederholungen
Das zweite Axiom der KTT bezieht sich auf die Eigenschaften des Messfehlers E. Das Axiom besagt, dass der Messfehler mal positiv, mal negativ ausfällt und in der Summe aller Fehler bei sehr vielen Messwiederholungen Null beträgt.

Beispielhaft kommt in einem Fall eine Person bei einem Test oder AC „besser weg“ als es ihrem wahren Wert entspricht, weil die Beobachter etwa sehr milde waren oder schwierige Fragen ausblieben, dann ist der Messfehler E > 0. In einer anderen Situation ist jedoch der Kandidat nervös oder missversteht die Aufgabenstellung. Dann ist die Bewertung schwächer als der wahre Wert (E < 0). Bei vielen, letztlich unendlich vielen Messungen werden sich diese Fehleranteile zu Null aufheben.
Aus dem zweiten Axiom folgt, dass die Summe der Fehlerwerte einer Person bei unendlich häufiger Messwiederholung unter identischen Bedingungen Null ergeben muss, ebenso wie die Summe der Fehlerwerte bei einmaliger Messung an unendlich vielen Personen.
Wenn bei vielen, in der Theorie unendlichen Messungen der Fehleranteil E der Gleichung X = T + E mit Null anzunehmen ist, so folgt daraus:

Dies besagt, dass der Messfehler verschwindet, wenn entweder ein Test an vielen Individuen angewandt wird oder ein Test mehrfach bei ein und derselben Person angewandt wird. Dies hat für die Eignungsdiagnostik eine bedeutende praktische Konsequenz: Wenn ein Merkmal im AC innerhalb einer AC-Aufgabe oder durch verschiedene AC-Aufgaben mehrfach beobachtet wird, sinkt der Messfehleranteil immer weiter, wogegen die Genauigkeit der durchschnittlichen Bewertung immer weiter steigt. Zwei Interviewfragen zur gleichen Kompetenz beinhalten weniger Fehler als nur eine, drei Fragen weniger als nur zwei. Zwei Interviewer sind besser als einer. Mehr AC-Aufgaben zur Einschätzung ein- und derselben Kompetenz sind besser als nur wenige. Mit jeder weiteren Messwiederholung sinkt der Fehleranteil in der Beurteilung.

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37. Internationaler AC-Kongress Südafrika

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Eine Premiere bei dem diesjährigen Kongress war die gleichzeitige Durchführung mit dem lokalen Kongress der AC-Vereinigung in Südafrika. Dort ist die AC-Szene auf einem sehr hohen Niveau – das aktuelle Kongress-Format gibt es schon im 33. Jahr, es besteht eine große Beraterszene und der politische Umbruch sorgt für Nachfrage. Diese ist reguliert, so müssen sich die südafrikanischen Berater zu dem Kongress ein- und auschecken, um damit „Ethik-Punkte“ zu verdienen – als Voraussetzung für die Zulassung.

Trend E-Assessment
Mehrere Anbieter und Anwender stellen unter verschiedenen Marketing-Labels („AC 2.0“, „Virtual Assessment“) ihre Lösungen für webunterstütztes AC vor. Ein Treiber ist die Reduzierung von Reisekosten, speziell für große Gruppen von Hochschulabsolventen. Die EU-Vertreterin rechnet etwa vor, dass für die 5.000 Bewerber der EU jährlich über eine Million Euro an Reisekosten zu ersetzen sind. Ein Fazit aus dem Kongress ist, dass die Begeisterung der Anbieter noch kaum durch Studien substanziiert ist: Wird mit einem webbasierten AC das Gleiche gemessen? Wie können sozial-kommunikative Fähigkeiten adäquat eingeschätzt werden?

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Abbildung: Technische Hilfsmittel bei AC-Verfahren

AC-Ergebnisse lassen sich auch auf Übungsebene interpretieren
Seit der ursprünglichen Untersuchung 1982 von Sackett & Dreher bestätigten immer wieder Studien die geringe Konstruktvalidität des AC: Ein und die selbe AC-Dimension führt meist über verschiedene Aufgaben hinweg zu unterschiedlichen Resultaten; es lassen sich keine stabilen Dimensionen finden. In letzter Zeit wird häufiger diskutiert, auf die Betrachtung von AC-Dimensionen gänzlich zu verzichten, da die Dimensionen über die Aufgaben hinweg nicht ausreichend stabil sind. Die Alternative wäre lediglich die Leistung in den einzelnen Aufgaben zu betrachten: Wie gut läuft das Mitarbeitergespräch? Wie wird die Fallstudie beherrscht? Weniger sinnvoll wäre das bei allgemeinen Potenzialanalyse-AC, durchaus jedoch bei AC für die Besetzung konkreter Jobs.

Brian Hoffmann von der University of Georgia ist einer der neueren aktiven Forscher in der AC-Szene und stellt eine neue Metaanalyse von Validitätsdaten vor.

Ein Ergebnis ist, dass tatsächlich auch die AC-Aufgaben – unabhängig von den Bewertungskompetenzen – valide für die Vorhersage von Berufserfolg sind. Gleichzeitig gilt dies auch für die AC-Dimensionen. Daher ist es praktisch sinnvoll, in der Entscheidung sowohl auf die Aufgabenmittelwerte als auch auf die Dimensionen zu schauen. Neu ist die Erkenntnis, dass es statistische Interaktionen von Aufgaben und Dimensionen gibt: In unterschiedlichen Aufgaben sind einzelne Dimensionen – selbst wenn sie formal gleich stark beobachtet werden – unterschiedlich relevant.

Neuropsychologie und neue Sichtweise auf Feedback
Aus Sicht der AC-Verantwortlichen ist Feedback ein „Geschenk“, von dem erhofft wird, dass der AC-Teilnehmer es mit Freude auspackt. Die Neuroforscherin Mary-Joe Emde untersucht das Thema aus neuropsychologischer Sicht. Wenn wir erfahren, dass uns jemand Feedback geben möchte, kommt bei uns eher der Gedanke: „Oh, was habe ich wohl falsch gemacht?“ – vielleicht verbunden mit einer Abwehrhaltung. Neuronal werden alle Situationen – wie die Ankündigung von Feedback – in der Amygdala („Mandelkern“) vielfach in der Sekunde auf mögliche Bedrohungscharakter untersucht. Die Verschaltung im Hirn ist so, dass die Amygdala schon Flucht- und Abwehrreaktionen einleitet, bevor im präfrontalen Cortex überhaupt angefangen wird nachzudenken und zu reflektieren. Emotionaler und sozialer Schmerz – ausgelöst durch Feedback – wird in bildgebenden Verfahren an der gleichen Stelle im Gehirn angezeigt wie körperlicher Schmerz. Die praktische Konsequenz ist, dass Feedback überhaupt erst dann ankommt, wenn die Amygdala auf grün schaltet, nämlich eine stabile, vertrauensvolle Beziehung von dem Feedbackgeber aufgebaut wurde.

Erste globale Studie zur weltweiten Anwendung des AC
Alyssa Gibbons & Dan Hughes stellen die Ergebnisse der ersten globalen Studie vor, in der weltweit 512 AC-Verfahren verglichen werden. Das AC als Methode ist mittlerweile in Ländern etabliert, an die man in diesem Zusammenhang kaum denkt, wie Indonesien oder ostafrikanische Länder wie Tansania. 23 % der AC finden international statt – in mehr als einer Sprache oder Nation. Befragt danach, wie die Verantwortlichen mit den interkulturellen Aspekten umgehen, kommen eher Klassiker wie die kulturspezifische Anpassung der Instruktion oder der Einsatz von Beobachtern mit entsprechender Vielfalt. Weltweit gibt es einen Trend, dass mehr HR-Vertreter die Beobachterrolle übernehmen – aus Sicht der Autoren kritisch zu sehen, wenn das Linienmanagement oder die Psychologen relativ außen vor bleiben. Ein kritischer Aspekt ist, dass in 77 % der 512 AC lediglich vier oder weniger Aufgaben eingesetzt werden – multiple Aufgaben und multiple Beobachter sind schließlich die Essenz des AC (mehr zu der globalen Studie im neuen Obermann Buch Assessment Center, 2013).

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Abbildung: Hintergrund der AC-Beobachter

Bessere Verbindung Assessment und Entwicklungsaktivitäten
Die AC-Legende Bill Byham zeigt den bisher schlecht erfüllten Kundenbedarf auf, dass akkurat AC-Ergebnisse erhoben werden, diese jedoch nicht systematisch in Entwicklungsaktivitäten umgesetzt werden. Ein Vorschlag ist, speziell bei Development Center, auf die zu globalen AC-Dimensionen zu verzichten, die sich schlecht in Entwicklungsaktivitäten übersetzen lassen und stattdessen auf „Keyactions“ zu setzen. Diese sind in der Abstraktionsebene tiefer (z. B. „kann facettenreich argumentieren“ oder „kann sich entscheiden und positioniert sich“). Entwicklungsbedarfe auf der Ebene dieser „Keyactions“ lassen sich gezielter mit Trainingsaktivitäten angehen. Dabei gilt immer noch die 10/20/70–Regel: 10 % der Entwicklungsaktivitäten durch Training, 20 % durch eine Umsetzung on-the-job (z. B. Vorgesetztenfeedback) und 70 % durch eigene Aktivitäten am Arbeitsplatz.

Daniel Pichl von Siemens stellt dazu einen interessanten Ansatz vor. Nach dem DC gibt es zwei geplante Folgeworkshops: Ein Trainingsevent und ein Entwicklungsworkshop, in dem mit den Teilnehmern besprochen wird, wie die Erkenntnisse umgesetzt werden und wer bei der Umsetzung helfen könnte.

Analytisches Denken und Extraversion sind die Kernaspekte im AC
Brian Hoffmann stellt eine weitere Studie zur Frage vor, welche Dimensionen im AC bedeutsam sind. In einer konfirmatorischen Faktorenanalyse lassen sich die AC-Leistungen auf zwei Komponenten reduzieren: Mit analytischen Fähigkeiten und Intelligenz stehen nahezu alle AC-Leistungen im Zusammenhang. Der zweite starke Faktor ist Extraversion, also Überzeugungswirkung, Führung und Dominanz. Überraschend für Hoffmann ist, dass sich kein Faktor finden lässt, der Aspekte wie Kooperationsfähigkeit oder Teamverhalten umfasst – möglicherweise ein blinder Fleck im AC. Die praktische Empfehlung für das AC ist, auf die Vielzahl von AC-Dimensionen zu verzichten und unterhalb der Komponenten Analytisches Denken und Extraversion lediglich einige Unterdimensionen zu differenzieren.

Ethik im Assessment Center
Aus deutscher Perspektive möglicherweise weniger relevant, spielt das Thema Ethik generell und auch im AC eine große Rolle. Hohe Aufmerksamkeit hatte der Vortrag des lokalen „Ethik-Gurus“ Gert Roodt von der Universität Johannesburg. Generell wird Ethik definiert als das, was im gleichen Umfang dem Selbst (oder der eigenen Gruppe) und „den Anderen“ gut tut. Die Anderen sind alle Stakeholder, die mit dem Thema zu tun haben könnten. Im AC gibt es viele ethische Risiken, z. B. wenn der ursprüngliche Auftrag war, Entwicklungsempfehlungen für Teilnehmer in einem DC abzuleiten und der Auftraggeber dann plötzlich ein Teilnehmer-Ranking erbittet. Zu einem solchen Fallbeispiel hatten die lokalen Teilnehmer des AC-Kongresses eine Fallstudie zu bearbeiten, deren richtige Lösung dann „Ethikpunkte“ erbrachte. Indizien für ethische Risiken sind Aussagen wie „Das haben wir immer so gemacht“, „Hierzu brauchen wir juristischen Rat“ oder „Sie können das machen, aber bitte nicht meinen Namen erwähnen“. Ein praktischer Hinweis ist, mit den beteiligten Stakeholdern vorab Absprachen zu treffen, um nicht im Nachhinein in ethische Konflikte hineingezogen zu werden.

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Neue Forschungsergebnisse: Typologie von High Potentials statt Kompetenzen

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Jeff Conte von der San Diego State University (2014) präsentiert einen neuen Ansatz, um High Potentials in Unternehmen zu identifizieren. Der Ausgangspunkt besteht darin, dass einzelne isolierte Potenzialindikatoren oder Persönlichkeitsfaktoren nur mäßige Korrelationen in der Prädiktion von Aufstieg in Führung aufweisen. Die Korrelationen liegen maximal zwischen r = .20 und r = .30: Der monokausale Schluss von einem Persönlichkeitskriterium auf Erfolg im Beruf funktioniert also kaum. In der Psychologie gibt es neben dem Blick auf Menschen über Persönlichkeitskriterien und Kompetenzen auch den anderen Blick über Typologien (Freud, Jung). Auf der Basis einer statistischen Analyse (Latent Profile Analysis) hat Conte Muster in der Kombination von Persönlichkeitskriterien identifiziert und daraus eine solche Typologie vorgestellt (vgl. Abb. Hipo-Typologie). Die Basis besteht immerhin aus N = 25.000 Potenzialkandidaten, die in ihren Karrieren beobachtet wurden. Die klassischen Big-Five-Persönlichkeitskriterien wurden nach auffälligen Mustern untersucht, die mit Aufstieg in Führung zusammenhängen. Danach sind es nicht einzelne Big-Five-Kriterien, sondern es ist eine Kombination von Kriterien, die er als den resilienten Typen bezeichnet: Hohe Belastbarkeit, Genauigkeit/Leistungsstreben, moderate Extraversion und Geselligkeit. Die beiden anderen Typen (Over-/Undercontroller) hingegen sind eher nicht mit Erfolg oder Aufstieg in Führung assoziiert.

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Hipo-Typologie San Diego University (Conte, J., 2014)

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Neue Forschungsergebnisse: Wer lügt, ist erfolgreich – Umgang mit sozial erwünschten Antworten in Testverfahren

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Ein fortwährendes Thema in Studien ist die Frage, wie mit sozial erwünschten Antworten oder gar „Faking“ in Testverfahren umgegangen werden soll. Nach einzelnen Aussagen gehen 15 % bis 45 % der Varianz auf Faking oder sozial erwünschte Antworten in den klassischen Likert-Skalen zurück. Die früher übliche „Lügen-Skala“ mit Items wie „Ich habe noch niemals die Unwahrheit gesagt“ hilft nicht weiter, da mit den hier auffälligen Bewerbern („Ich habe noch nie gelogen“) keiner den Aufwand betreiben möchte, ein Nachinterview zu führen („Haben Sie die Wahrheit gesagt?“).

Der klassische Weg, sozial erwünschte Antworten zu verhindern, besteht in dem „Forced-Choice“-Format, das bei Obermann Consulting auch in dem Big-Five-Wirtschaft-Fragebogen eingesetzt wird. In dem Forced-Choice-Format werden den Kandidaten paarweise Antwortmöglichkeiten präsentiert, zwischen denen sie auswählen können oder sie nehmen ein Ranking der angebotenen Varianten vor („Was beschreibt mich am besten?”). Die angebotenen Varianten können entweder zu gleichen oder zu unterschiedlichen Dimensionen – so bei unserem Fragebogen Big-Five-Wirtschaft – gehören. Dabei ist in der Konstruktion darauf zu achten, dass die Alternativen jeweils gleich sozial erwünscht sind.

Eine andere Lösung, um sozial erwünschte Antworten zu kontrollieren, präsentieren Meade, A. W. et al. (2014). Die Kernidee besteht darin, dass die Items sehr kurz sind und dadurch die Kandidaten spontaner und weniger sozial erwünscht antworten. Ein typisches Item wäre „Dominant – so bin ich/so bin ich nicht“. Die Antwortzeit ist auf 2,5 Sekunden beschränkt, wobei kaum eine Testperson so weit kommt. Der Mittelwert der Antwortzeit beträgt eine Sekunde. Auf diese Weise kann der Test in zwei Minuten durchgeführt werden – dies stellt einen weiteren Vorteil dar. In einem experimentellen Design wurden Probanden gebeten, entweder ehrlich zu antworten oder sich bewusst positiv darzustellen. Gleichzeitig wurde die Testform variiert: Items der üblichen Länge oder die sehr kurzen Items. Ergebnis: In der „Faking-Bedingung“ bei der klassischen Testform gibt es einen bedeutsamen Unterschied zwischen der ehrlichen und unehrlichen Variante von d = 1,35. Wird hingegen die Form mit kurzen Items eingesetzt, sinkt der Unterschied auf d = 0,35. Scheinbar also ein vielversprechender Weg. Auf einen ähnlichen Ansatz beruht unser Fragebogen Big-Five-Wirtschaft, hier sind die Items sehr kurz und es muss unter ähnlich attraktiven Adjektiven eine Auswahl vorgenommen werden.

In einem weiteren neuen Artikel gehen Voss et al. (2014) der Frage nach, ob sozial erwünschte Antworten grundsätzlich zu verdammen sind. Neben bewusstem Täuschen können solche Antworten auf das akzeptable Motiv zurückzuführen sein, sich positiv zu präsentieren oder auf die weniger akzeptable aber ethisch kaum zu verdammende Tatsache eines inadäquaten Selbstbilds. In ihrer Untersuchung anhand von N = 101 Bewerbern bei BMW wurden in einem Big-Five-Fragebogen Eigeneinschätzungen den Bewertungen von jeweils drei Freunden gegenübergestellt. Interessantes Ergebnis: Die Bewerber mit einer gegenüber den Freunden zu positiven Eigeneinschätzung sind tendenziell gerade die später erfolgreichen Bewerber. Fazit: Sozial erwünschtes Antworten scheint auch im Job gefragt zu sein.

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News zu Testverfahren Obermann Consulting

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Die Testverfahren bei Obermann Consulting wurden im letzten Jahr hinsichtlich Ihrer Gütekriterien, Normierungen, sprachlichen Formulierungen und Durchführungszeiten überarbeitet. Wir freuen uns, Ihnen neue Versionen anbieten zu können, die nicht nur inhaltlich dem neuesten Stand entsprechen, sondern auch optisch einen Neuanstrich bekommen haben. Hier noch mal einige Fakten in Kurzfassung:

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Neue Anforderungen an Job- und Führungserfolg

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VUCA

VUCA ist ein Akronym und umfasst die Aspekte Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität. Der Begriff wurde in der US Armee eingeführt und soll die sich veränderte komplexere Welt nach Ende des kalten Kriegs beschreiben.

Das „V“ für Volatilität beschreibt dabei die zunehmende Dynamik in den Veränderungen der Rahmenbedingungen und die Zunahme der Veränderungsgeschwindigkeit. Stichworte sind in den Unternehmen laufende Prozessoptimierungen, Umorganisationen in kürzeren Abständen, kürzer werdende Produktlebenszyklen und Entscheidungszeiträume.

Übersetzt auf zu hinterfragende Kompetenzen im AC bedeutet dies, ob der zu beurteilende Potenzialkandidat nicht nur offen für Neuerungen ist, sondern auch Treiber von Veränderungen sein kann. Auch sollte die innere Belastbarkeit vorhanden sein: In unserem privaten Umfeld kennen wir alle zum einen Menschen, die die „ständigen Veränderungen“ bei ihrem Arbeitgeber als Last beklagen, und zum anderen diejenigen, die sich mit Begeisterung auf die nächste Neuerung stürzen.

Das „U“ für Unsicherheit steht für die Entwicklung, dass sich die Zukunft schwieriger vorhersagen lässt, dass es immer wieder Überraschungen gibt. Von der Führungskraft wird gleichwohl erwartet, immer wieder innezuhalten, zu verstehen und zuzuhören. Das Ausstrahlen von Ruhe und ein grundlegender Optimismus sind hier zu betrachtende Kompetenzen. Ein versiertes Change Management, um mit der vorhandenen Unsicherheit angemessen umzugehen, wird oft vorausgesetzt.

Das „C“ für Komplexität (engl. Complexity) beschreibt die zunehmende Komplexität, die Schwierigkeiten, die Themen auseinander zu halten, die Vielzahl an Einflussvariablen auf Entscheidungen und Vielzahl an Folgewirkungen. Damit wird von Führungskräften in der VUCA-Welt eine noch ausgeprägtere Fähigkeit zur Komplexitätsreduktion gefordert. Noch mehr als bisher schon gehören damit kognitive Tests, Fallstudien und entsprechende Interviewfragen in Potenzialanalysen oder Auswahlverfahren.

Ambiguität („A“) bezeichnet die Vieldeutigkeit von Entwicklungen, die Gefahr von Fehlinterpretationen, die Unklarheit von Ursache-Wirkungsbeziehungen. Im deutschen Sprachraum ist der Term Ambiguitätstoleranz gebräuchlich, also die Neigung, sich in solchen mehrdeutigen und komplexen Situationen wohlzufühlen. Neben den kognitiven Anforderungen braucht es von der Führungskraft innere Stabilität und Ausgeglichenheit.

1-2_abb-neue-anforderderungen-an-den-job-page-001Digital by Default

Bedingt durch den technischen Fortschritt und die rasante Verbreitung von Internet und Smartphone auf der ganzen Welt werden aktuell fast alle Branchen auf den Kopf gestellt: Im Vertrieb werden ganz neue Fähigkeiten gefragt, die klassische 1:1-Kundenbeziehung wird in vielen Branchen irrelevant. Dafür müssen sich Führungskräfte in den Methoden des Internetvertriebs auskennen. Stichworte sind z. B. SEO, SEA, Retracking oder personalisiertes Pricing. Digital by Default bedeutet über die Digitalisierung hinaus, dass alle Prozessveränderungen und Produktangebote in Organisationen von vorne herein nur noch digital implementiert werden.

Für ein paar Jahre noch sind Führungskräfte nicht selbst aus der Generation „Digital Natives“. Dennoch wird von ihnen erwartet, dass sie die Digitalisierung vorantreiben. Dazu brauchen sie selbst Erfahrung, Wissen und Neugierde für digitale Trends und Methoden. Das lässt sich innerhalb des AC gut in einem Interview hinterfragen.

Kollaboration

Kollaboration ist kein „alter Wein in neuen Schläuchen“ und bedeutet nicht etwa lieb und teamfähig zu sein. Mit Kollaboration ist die Fähigkeit gemeint, Silo- und Abteilungsgrenzen der Organisation zu überwinden und mit neuen Arbeitsformen Nutzen zu schaffen. Dazu gehört es etwa, auf andere Abteilungen aktiv zuzugehen und Best Practices zu teilen oder sich für gemeinsame Vorhaben zusammenzutun.

Ein bedeutsamer Aspekt ist die dabei die Fähigkeit, neue Formen der Arbeitsorganisation einzuführen und selbst vorzuleben. Statt in festen Gruppen- und Abteilungsgrenzen, die die Anforderungen an die Schnelligkeit nicht mehr erfüllen, ist das Arbeiten in flexiblen, projektbezogenen und bereichsübergreifenden Teams mit einem hohen Grad an Selbstbestimmung gefragt. Begrifflichkeiten (mit einigen Überschneidungen) wären Scrums, Garagen, Tribes oder Crowdworking.

Agilität

Der Wortstamm im Latein Agilitas steht für Schnelligkeit und Beweglichkeit. Häufig ist speziell von agiler Softwareentwicklung die Rede: Während es in der Vergangenheit eine aufwändige Trennung von Endanwender / Betriebsorganisation / Entwickler mit den entsprechenden Schnittstellen und Missverständnissen gab, arbeiten diese zukünftig mehr in Teams gemeinsam und schneller an konkreten Zwischenlösungen.

Von Führungskräften wird gefordert, schneller das zu erkennen und zu liefern, was der Kunden möchte. Wir erwarten die Lieferung unserer Bestellungen aus dem Internet nicht mehr im Zeitraum einer Woche, sondern zukünftig am gleichen Tag. Im Versicherungsbereich war es bisher üblich, dass die Schäden nach Wochen und Monaten reguliert werden. Der Kunde soll zukünftig per App innerhalb von Stunden einen Haftpflichtschaden regulieren können.

Die Anforderungen an Führungskräfte, die sich aus vermehrter Agilität im Business ergeben, überlappen sich wieder mit den genannten Kompetenzen (kognitive Fähigkeiten, Kollaboration, Teams aufbauen).

Der Kern von Agilität für die Erfassung im AC findet sich in der Motivationsstruktur: Wie ist das jeweilige Ambitionslevel? Wie stark ist die Freude, neue und schwierige Themen anzupacken? Wie stark ist das Interesse, zu gestalten und Einfluss auf Andere auszuüben? Design Thinking

Design Thinking ist eine Vorgehensweise speziell in digital orientierten Unternehmen, bei der Mitarbeiter unterschiedlicher Disziplinen in einem kreativitätsfördernden Umfeld zusammenarbeiten und Konzepte entwickeln, die aus Kundensicht in Zwischenschritten immer wieder geprüft werden. Eine Methode wäre die „Customer Journey“. Bei dieser wird an den verschiedenen „Touchpoints“, an denen ein Kunde Berührung zum Unternehmen oder dem Prozess hat, seine Erlebnisqualität hinterfragt und optimiert. Eine andere Methode wäre, frühzeitiger als bisher üblich mit Prototypen und Zwischenergebnissen zu arbeiten und diese zu testen. Der SAP-Gründer Plattner hat in Potsdam eine spezielle Einrichtung „School of Design Thinking“ gegründet.

Was sich daraus an Anforderungen für die Führungskraft ableitet, sind wieder ähnliche Kompetenzen: Neue abteilungsübergreifende Arbeitsteams initiieren und am Leben halten, die Komplexität der Anforderungen durchdringen und sinnvoll reduzieren, und das das mit hoher persönlicher Agilität.

Leistungen Obermann Consulting:

  • Kompetenzmodellierung – Kompetenzmodelle auf den Prüfstand
  • Mitarbeitergespräch, Performance Management aktualisieren
  • Training von Führungskräften für den Wandel

Weitere Artikel dieser Newsletterausgabe:

 

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Obermann Online-Assessment / Postkorb

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Valide Kompetenzmessung auf fünf Dimensionen –das Online-Assessment schafft eine zuverlässige Aussage über die Eignung eines Bewerbers in Bezug auf Mastering Complexity, Driving Business, Analytical Skills und Customer Orientation. Der Teilnehmer agiert in einem spannenden Szenario als Leiter einer Consulting Firma und bearbeitet Video-Messages und komplexe Herausforderungen in E-Mails. Es warten 40 Items, die in maximal 70 Minuten zu bearbeiten sind. Antworten werden teilweise im E-Mail-Format, teils allerdings auch im Video-Format erwartet. Die Erprobungsstudien zeigen eine hohe Korrelationen zu der Paralleldurchführung mit einem Live-AC.

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Führen in Veränderungsprozessen: Gestaltungsfelder

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Einblicke in Themen unserer Trainingsprogramme

Die Ratgeberliteratur zur Gestaltung von Veränderungsprozessen beschäftigt sich wenig mit der ‚dunklen Seite‘ von Change: mit Widerstand gegen den Veränderungsprozess beispielsweise, der aus einer erlebten Verletzung des psychologischen Kontrakts resultiert; oder mit den selbstdienlichen Verhaltensweisen betroffener Mitarbeiter, die Teams und Abteilungen in politische Arenen verwandeln können, d.h. in Spannungsfelder der Interessengegensätze. Wir haben uns auf Trainingsprogramme spezialisiert, die Führungskräfte darin unterstützen, Veränderungsprozesse mitarbeiterorientiert zu gestalten und dabei Strategien zur Bewältigung der eben skizzierten Herausforderungen zu nutzen. Der vorliegende Beitrag beschreibt ausgewählte Handlungsfelder, die wir in unseren Trainings thematisieren.

Abbildung 1: Leitmodell der Gestaltungsfelder im Veränderungsprozess

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Handlungsfelder für ein mitarbeiterorientiertes Veränderungsmanagement

Abbildung 1 zeigt unser Leitmodell für ein mitarbeiterorientiertes Veränderungsmanagement. Ziel ist es, die affektive Bindung der Mitarbeiter ans Unternehmen zu erhalten und zugleich die Bereitschaft zu fördern, den Veränderungsprozess aktiv mitzutragen. Wir unterscheiden Treiber und Barrieren für die Veränderungsbereitschaft und die organisationale Bindung betroffener Mitarbeiter. Der Blick auf Barrieren, lässt Handlungsfelder erkennen, die selten in der Literatur zur Gestaltung von Veränderungsprozessen thematisiert werden. Sie beziehen sich auf jene ‚Begleitschäden‘, zu denen es im Zuge der Implementierung einer Veränderung kommen kann – sie betreffen das organisationale Klima und beeinträchtigen über diesen Umweg auch das Gelingen der Veränderung selbst. Den vier im unteren Teil von Abbildung 1 skizzierten Handlungsfeldern lassen sich unterschiedliche psychologische Leitmodelle zuordnen, die sich für eine fundierte Ableitung von Handlungsempfehlungen eignen. Nachfolgend außerdem einige Hinweise, wie wir die skizzierten Handlungsfelder in Trainings aufbereiten:

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Warum es wichtig ist, diese Handlungsfelder zu gestalten

  1. Erlebte Ungerechtigkeit bzw. Unfairness und die daraus resultierende Verärgerung bearbeiten

 In der Austauschbeziehung zwischen Mitarbeiter und Unternehmen existieren wechselseitige Erwartungen, wer wozu verpflichtet ist. Mitarbeiter schreiben ihrem Unternehmen – und stellvertretend ihrer direkten Führungskraft – ganz bestimmte Verpflichtungen zu, beispielsweise Arbeitsplatzsicherheit garantieren, Kompetenzentwicklung fördern, Karrierechancen eröffnen. Diese wechselseitigen Erwartungen bzw. Verpflichtungen bilden den sog. psychologischen Kontrakt zwischen Mitarbeiter und Unternehmen. Aus Mitarbeitersicht tritt das Unternehmen in Veränderungsprozessen von diesen Verpflichtungen zurück und kündigt sie einseitig auf. Es verletzt den psychologischen Kontrakt (Solga, 2016).
Zugleich gilt: Mitarbeiter, die nachteilig von Entscheidungen betroffen sind – in diesem Fall von Entscheidungen, die den Mitarbeiter zu einem Betroffenen im Veränderungsprozess machen – erwarten, dass 1. der Entscheidungsprozess bestimmten Spielregeln folgt (‚prozedurale Fairness‘), dass 2. die Entscheidung hinreichend erklärt und begründet wird (‚informationale Fairness‘) und dass 3. sie als Betroffene mit Respekt und Wertschätzung behandelt werden (‚interaktionale Fairness‘). In Veränderungsprozessen wird aus Mitarbeitersicht oftmals gegen diese Erwartungen verstoßen (Solga, 2016).

  1. Ängste bearbeiten, die durch den erlebten Verlust von Ressourcen und Bewältigungssicherheit entstehen

In Veränderungssituationen verlieren Mitarbeiter oftmals das Gefühl, ihre berufliche Situation wirksam kontrollieren oder gestalten zu können. Sie antizipieren den Verlust persönlicher Ressourcen (d.h. von Status, Privilegien, Handlungsspielräumen etc. Zugleich verlieren sie die Überzeugung, der Situation wirksam oder bewältigungskompetent entgegentreten zu können – sie erleben sich als ohnmächtig. Dadurch entstehen Stress und Angst (Hobfall & Shirom, 2000). Ein Rückgang von Arbeitsmotivation und Leistung ist die unmittelbare Folge.

  1. Das Aufkeimen von Interessengegensätzen und den Verlust von Wir-Gefühl bearbeiten

Veränderungsprozesse sind Phasen im Leben einer Organisation, in denen Teams und Abteilungen zu politischen Arenen werden. Was heißt das? Mitarbeiter erleben zunehmend Interessenskonflikte miteinander. Handlungsspielräume verengen sich, Karrierechancen gehen verloren, Positionen und Privilegien sind nicht mehr sicher – plötzlich sind Mitarbeiter oder Teams im Wettbewerb um knappe Ressourcen miteinander (Solga, 2014). Wer soll beispielsweise in einem Fusionsprozess in der Leitungsfunktion bleiben, der Bereichsleiter aus Unternehmen A oder der Bereichsleiter aus Unternehmen B?

Selbstdienliches Handeln ist die Folge solcher Erfahrungen: Wir nutzen Macht und Einfluss, um uns zu schützen und um uns in eine vorteilhafte Position zu bringen (Blickle & Solga, 2014). Selbstdienliches Handeln jedoch wird durch selbstdienliches Handeln beantwortet. So wird Kooperation erschwert, Vertrauensbeziehungen erodieren, Zufriedenheit, Arbeitsmotivation und Commitment sinken.

  1. Handlungsunsicherheit bearbeiten, die durch den Verlust gemeinsamer Wissensgrundlagen entsteht

Teams benötigen ein gemeinsames Verständnis von den Zielen, den Arbeitsprozessen, den Spielregeln für die Zusammenarbeit und den Kompetenzen im Team. Diese gemeinsame Wissensgrundlage, die in der Organisationspsychologie als ‚shared mental model‘ (gemeinsames mentales Modell) bezeichnet wird, ist eine zentrale Voraussetzung für ein effektives (Zusammen-) Arbeiten (Lim & Klein, 2006).

In Veränderungssituationen (und insbesondere in Fusionsprozessen) geht das gemeinsame Verständnis durch veränderte Ablauf- und Aufbaustrukturen und durch personelle Veränderungen verloren. In Teams, denen eine gemeinsame Landkarte für die Zusammenarbeit fehlt, wird es früher oder später zu Konflikten kommen. In dem Maße, wie diese Konflikte nicht rechtzeitig erkannt werden als Schwächen in der arbeitsbezogenen Abstimmung, besteht die Gefahr der Konflikteskalation – schwierige Beziehungskonflikte können die Folge sein (Haltung: Der andere tut aus böser Absicht nicht, was ich zurecht erwarte).

Leistungen von Obermann Consulting: 

  • Entwicklung maßgeschneiderter Trainingsprogramme zum Thema „Führen im organisationalen Wandel“
  • Durchführung von Trainings zum Thema „Führen im organisationalen Wandel“
  • Beratung von Führungsteams zum Thema „Führen im organisationalen Wandel“

Weitere Artikel dieser Newsletterausgabe:

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Benchmarkstudie Assesment Center 2016 – Hitliste der AC Aufgaben

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Wie in den Jahren 2001, 2007 und 2012 legte der Arbeitskreis Assessment Center e.V. 2016 seine neueste Anwenderbefragung zum AC vor. Die Studie ist kann als repräsentativ angesehen werden: alle DAX-30 Unternehmen wurden befragt und insgesamt über 140 verschiedenartige AC und DC-Verfahren einbezogen.

Der Trend zum vermehrten Einsatz von Tests und Fragebögen zur Messung kognitiver bzw. persönlichkeitsbezogener Kriterien hält weiter an. Während 2001 lediglich 19 % der Organisationen diese Tests in ihre AC aufgenommen hatten, waren es 2016 36 %. 43 % der deutschsprachigen Organisationen geben an, einen kognitiven Test oder Intelligenztest online-basiert einzusetzen, 51 % verwenden Online-Persönlichkeitsfragebögen. Testverfahren als methodisches Element im AC haben sich damit erfreulicherweise durchgesetzt. Die vermehrte Nutzung entspricht den Studien, dass jeder kognitive Test in der Vorhersage von Joberfolg zumindest das einzelne Verfahrenselement wie Rollenspiel oder Fallstudie übertreffen kann.

Eine massive Veränderung in der AC-Anwendungspraxis ist die kontinuierlich zurückgehende Beliebtheit der Methode Gruppendiskussion von 95 % in der ersten Befragung 2001 auf 41 % im Jahr 2016. Die Herausforderungen in Standardisierung und mangelnder Vergleichbarkeit sowie die daraus resultierenden Grenzen der Validität scheinen sich herumgesprochen zu haben.

Hingegen erlangte die Methode Interview immer weiter an Bedeutung (von 58 % in 2001 auf 86 % in 2016). In fast jedem AC / DC findet sich nunmehr ein Interview. Auch dies ist ein erfreulicher Trend – ein strukturiertes, biographisches Interview ist jeder anderen Einzelmethode überlegen.

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Leistungen Obermann Consulting:

  • Konzeption von AC und DC Verfahren mit unterschiedlichen Verfahrensbestandteilen
  • Umfassendes Testportfolio in Paper & Pencil Format oder online-basiert (bspw. KTK, OCM, OCP)
  • Konzeption von Interviewleitfäden

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Qualitätsstandards im Assessment Center – neue Standards des Arbeitskreis AC

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Seit 1992 erarbeitet der Arbeitskreis AC Qualitätsstandards der Assessment Center Methode und passt diese an neue Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis an. Die 2016 überarbeitete Fassung der AC-Standards stellen wir Ihnen hier vor.

Zu den Methoden im AC gibt es jetzt einen Paradigmenwechsel. War in den ersten Qualitätsstandards alles außerhalb von Rollenspiel und Gruppendiskussion noch verpönt, so hat sich das Feld auf Basis neuerer Studienergebnisse nun erweitert. Während 2004 Testverfahren allenfalls als Ergänzung im AC zugelassen waren, besagt die aktuelle Forschung, dass Elemente wie das Interview oder kognitive Tests mindestens so gut wie, ja oft sogar noch besser als Simulationsübungen den Joberfolg vorhersagen können. Es wäre also ein Fehler, das Interview oder den kognitiven Test im Verfahren zu unterlassen.

Daher nutzen wir heute im AC drei Verfahrenskategorien: Verhaltenssimulation, Interview und Test/Fragebogen. Dies unterstreicht das Ziel der Methodenvielfalt. Keine der einzelnen Methoden allein liefert perfekte Ergebnisse und jede birgt gewisse Nachteile in ihrem Einsatz. Ein multimethodales Vorgehen ermöglicht daher die gegenseitige Kompensation der jeweiligen Einschränkungen und nutzt die inkrementelle Validität, die der einzelne Verfahrensbestandteil zum Gesamtverfahren beiträgt. Der Arbeitskreis AC fordert: Jede Dimension muss im AC mindestens zwei Mal gemessen werden, aber mit unterschiedlichen Methoden.

Quelle: Arbeitskreis Assessment Center e.V. (2016) © Arbeitskreis Assessment Center e.V, http://www.arbeitskreis-ac.de/index.php/standards

Quelle: Arbeitskreis Assessment Center e.V. (2016) © Arbeitskreis Assessment Center e.V,
http://www.arbeitskreis-ac.de/index.php/standards

 

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Work in Partnerships – tragfähige Beziehungen gestalten – ein Trainingsprogramm für HR-Spezialisten

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Ein Trainingsprogramm für HR-Spezialisten

HR-Spezialisten und -Businesspartner müssen partnerschaftliche Kooperationsbeziehungen zu Stakeholdern in den unterschiedlichen Geschäftsbereichen und zu Experten innerhalb und außerhalb des Unternehmens pflegen. Denn sie benötigen die Unterstützung von Change Champions und Sponsoren, um Akzeptanz zu schaffen für ganzheitliche, multidimensionale Lösungen in Talent- und Performance-Management. Folglich gilt es, das Spannungsfeld der Erwartungen und Interessengegensätze – die politische Arena – zu verstehen und mitzugestalten. Das Training zeigt, wie dies gelingen kann. In drei Bausteinen liefert es Leitmodelle und Handlungsempfehlungen zur Gestaltung tragfähiger Stakeholder-Beziehungen.

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Abbildung: Leitmodell High-Quality-Connections

Role Taking und Role Making

Wer berufliche Beziehungen proaktiv und zielorientiert gestalten will, muss wissen, was er leisten soll und wofür er stehen will. Er muss die Erwartungen der anderen kennen und zugleich in der Lage sein, attraktive Rollenangebote zu machen. Der erste Baustein soll die Teilnehmer darin unterstützen, die Möglichkeiten und Grenzen der eigenen Rolle im Unternehmen zu erkennen, das eigene Kompetenzportfolio zu beschreiben und ein positives Selbstbild der eigenen Profession und Rolle zu entwickeln.

Inhalte:

  • Klarheit im Selbstverständnis schaffen: HR-Kompetenz- und Rollenmodelle; Unternehmensstrategie und HR-Mission
  • Rollen-Erwartungen von Stakeholdern proaktiv gestalten: Stakeholder-Analyse und Entwicklung eines persönlichen Brand-Statements


Die politische Arena verstehen

Der zweite Baustein vertieft die Idee, dass Organisationen politische Arenen sind, also Spannungsfelder der Interessengegensätze. Er informiert über wichtige Leitmodelle und Forschungsergebnisse. Er hilft den Teilnehmern herauszuarbeiten, was die unterschiedlichen Aspekte der politischen Dimension des beruflichen und des organisationalen Alltags für die eigene Arbeit bedeuten. Wie entsteht informelle Macht? Welche Strategien der Einflussnahme sind erfolgreich? Welche sind es nicht? Welchen Einfluss hat politische Geschicklichkeit? Was kann man von denen lernen, die über ein hohes Ausmaß an politischer Geschicklichkeit verfügen?

Inhalte:

  • Macht und Einfluss im Spannungsfeld der Interessengegensätze verstehen
  • Politische Geschicklichkeit entwickeln: interpersonelle Sensibilität und wirksames Kommunizieren im beruflichen Kontext


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Der dritte Baustein gibt umfangreiche Handlungsempfehlungen und eröffnet Übungsmöglichkeiten zum Thema‚ Kontakte und Beziehungen im beruflichen Kontext gestalten‘. Worauf kommt es in der Gestaltung sozialer Netzwerke an? Wie entstehen Sympathie, Vertrauen, Reputation? Und wie können sie gefördert werden?

Inhalte:

  • Die Leitmodelle der High-Quality Connections und der psychologischen Kontrakte verstehen
  • ‚Respektvolle Zuwendung‘ im direkten Kontakt zeigen
  • Psychologische Kontrakte gestalten
  • Wertschätzung und Vertrauen schaffen
  • Netzwerke aktiv gestalten: Networking-Kompetenz

Wir bieten dieses Trainingsprogramm für ganze Teams von HR-Spezialisten und – in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) – für einzelne Teilnehmer an (informieren Sie sich über die nächsten Termine auf http://www.dgfp.de/seminare). Sollten Sie Interesse an diesen Themen haben – sprechen Sie uns an!

 

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Kompetenzmodellierung – unser Ansatz

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Kompetenzmodelle ermöglichen eine unternehmensweit einheitliche und zugleich strategisch orientierte Gestaltung des Performance- und des Talent-Management-Systems einer Organisation. Denn sie liefern aufeinander abgestimmte sowie auf Strategie und Leitwerte ausgerichtete Ziel- und Erwartungskriterien für sämtliche Gestaltungsfelder des Human Resource Managements (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Kompetenzmodell als Basis eines einheitlichen Human Resources Management

Abbildung 1: Kompetenzmodell als Basis eines einheitlichen Human Resources Management

 

Kompetenz ist das Vermögen, sich wirksam und erfolgreich mit Leistungsanforderungen auseinanderzusetzen. In den meisten Kompetenzmodellierungsprojekten geht der Blick auf sehr allgemeine Anforderungen, nämlich auf solche, die für sämtliche Tätigkeiten innerhalb einer Organisation oder für Familien von Tätigkeiten von Bedeutung sind. Im ersten Fall ist von One-Size-Fits-All-, im zweiten von Multiple-Job- oder Job-Family-Kompetenzmodellen die Rede (Mansfield, 1996). Leadership-Kompetenzmodelle – sicherlich die am häufigsten entwickelte Gattung der Kompetenzmodelle in Wirtschaftsunternehmen – stellen einen speziellen Fall der Job-Family-Kompetenzmodelle dar.

Abbildung 2 fasst unseren Ansatz zur Entwicklung von Kompetenzmodellen zusammen (für einen allgemeinen Überblick und für allgemeine Best-Practice-Empfehlungen siehe Campion, Fink, Ruggeberg, Carr, Phillips & Odman, 2011). Sie zeigt die von uns betrachteten Analysefelder und die von uns bevorzugten Analysemethoden. Ferner macht Abbildung 2 auch die Ableitungslogik deutlich, der wir bei der Entwicklung von Kompetenzmodellen folgen.

Analysefelder

Der Begriff ‚Kompetenz‘ beinhaltet die Passung der Leistungsmerkmale einer Person zu den Anforderungen gegebener Aufgaben oder Herausforderungen. Daher müssen in der Entwicklung von Kompetenzmodellen beide Seiten betrachtete werden, die Person und die Situation. Mit Blick auf die Situation lassen sich zwei große Anforderungsfelder unterscheiden (siehe Abbildung 2). Der normative Kontext umfasst Anforderungen, die sich aus der Strategie und den Leitwerten des Unternehmens ableiten lassen. Diese müssen insbesondere dann erfasst werden, wenn das zu erstellende Kompetenzmodell strategisch-zukunftsorientiert oder aber wertebasiert verfasst sein soll (Briscoe & Hall, 1999). Der operative Kontext umfasst die formalen Aufgaben und Ziele, spezifische Anforderungssituationen, die in besonderer Weise als erfolgskritisch gelten (sog. Critical Incidents), und generelle Anforderungsbedingungen, die unabhängig von Zeit und Ort in den Arbeitsalltag hineinstrahlen (bspw. hoher Zeitdruck bei Mitarbeitern in einer Unternehmensberatung).

Dabei sind beide Kontexte nicht unabhängig voneinander: Strategie und Leitwerte legen fest, welche Aufgaben, Ziele, Anforderungssituationen und generellen Anforderungsbedingungen als relevant angesehen werden und deshalb im Zuge der Kompetenzmodellierung Beachtung finden sollten. Auch legt der normative Kontext fest, wie genau in spezifischen Anforderungssituationen agiert werden soll – dieser definiert Best Practices.

Aus den normativen und aus den operativen Anforderungsbedingungen ergeben sich ganz bestimmte Verhaltenserwartungen, d.h. Erwartungen daran, wie die Mitarbeiter eines Unternehmens bzw. einer Job-Familie in ihrem Arbeitsalltag handeln sollen. Diese Erwartungen darzustellen, ist der primäre Sinn und Zweck eines Kompetenzmodells.

Damit das erwünschte Verhalten auch wirklich gezeigt werden kann, müssen den Erwartungen ganz bestimmte Leistungsmerkmale in der Person entsprechen. Mit Blick auf diese Merkmale lassen sich wiederum zwei Gruppen unterscheiden, nämlich veränderliche, also erlernbare Merkmale (Kenntnisse, Fertigkeiten, Einstellungen) und eher stabile Merkmale, die wir als Grundpotenziale bezeichnen (Fähigkeiten, Persönlichkeitsmerkmale, Grundwerte, implizite Motive). Diese Grundpotenziale beeinflussen nicht nur die Möglichkeit, Kenntnisse, Fertigkeiten und Einstellungen zu erwerben und zu festigen; vor allem in neuartigen und stark durch Handlungsdruck gekennzeichneten Situationen nehmen sie auch direkt Einfluss auf das gezeigte Verhalten. In der Literatur werden die Verhaltenspotenziale insgesamt als KSAO – knowledge, skills, abilities, and other characteristics – zusammengefasst.

Aus unserer Sicht ist es wichtig, in Kompetenzmodellierungsprozessen nicht nur die Verhaltenserwartungen zu beschreiben, die sich aus aktuellen und zukünftigen Aufgaben und Herausforderungen ergeben, sondern zugleich auch die notwendigen Potenziale (KSAO’s) zu definieren, die Job-Inhaber mitbringen müssen, um im Kontext der beschriebenen Anforderungen erfolgreich zu sein. Denn gerade die klar und trennscharf definierten personellen Leistungsmerkmale werden im HR Management für die wirksame Ausgestaltung der Auswahl-, Beurteilungs- und Entwicklungsinstrumente benötigt.

Abbildung 2: Kompetenzmodellierung: Analysefelder, Ableitungslogik und Analysemethoden

Abbildung 2: Kompetenzmodellierung: Analysefelder, Ableitungslogik und Analysemethoden

Analysemethoden und Ableitungslogik

Wir nutzen das als Critical Incident Technique (CIT) bekannte Verfahren (Flanagan, 1951; Marrelli, 2005), um spezifische Anforderungssituationen bzw. generelle Anforderungsbedingungen und die dazu gehörigen Verhaltenserwartungen herauszuarbeiten. Im Kern besteht die CIT darin, in Workshops oder Interviews zuerst bedeutsame gegenwärtige und zukünftige Anforderungssituationen bzw. -bedingungen zu definieren. Im zweiten Schritt gilt es nach Best Practices zu fragen, d.h. nach Verhaltensweisen, die im skizzierten Kontext als effektiv gelten. Abbildung 3 stellt den Leitfaden dar, an dem wir uns hierbei orientieren.

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Nachdem die Anforderungssituationen definiert und die dazugehörigen Verhaltensweisen beschrieben wurden, lassen sich die Best Practices in Kategorien zusammenfassen – es entstehen Bündel von Verhaltenserwartungen, die dann als Kompetenzen in das zu erstellende Kompetenzmodell eingehen (siehe Abbildung 4). Diese Verhaltensbündel oder Kompetenzen bilden die Oberflächenstruktur des Kompetenzmodells.

Abbildung 4: Ableitung von Kompetemzen aus Ergebnissen der Critical Incident-Analyse: Zusammenfassung von Best-Practice-Verhaltensweisen

Abbildung 4: Ableitung von Kompetemzen aus Ergebnissen der Critical Incident-Analyse: Zusammenfassung von Best-Practice-Verhaltensweisen

Die Oberflächenstruktur hat eine wichtige Orientierungsfunktion für die Führungskräfte und Mitarbeiter der jeweiligen Job-Familie, denn sie macht die allgemeinen Verhaltenserwartungen deutlich. Zugleich verrät die Oberflächenstruktur aber wenig über die personellen Leistungsmerkmale, also die KSAO‘s, die dem erwünschten Verhalten zugrunde liegen. Diese wiederum bilden die Tiefenstruktur des Kompetenzmodells. Sie wird häufig nicht klar definiert, ist aber für die Arbeit des HR Managements von zentraler Bedeutung. Sie ermöglicht die konsistente Ableitung der eingangs erwähnten Ziel- und Erwartungskriterien für die Gestaltungsfelder des HR Managements und, im zweiten Schritt, die konsistente Auswahl oder Entwicklung der entsprechenden Auswahl-, Beurteilungs- und Entwicklungsinstrumente.

Es ist – psychologisches Fachwissen vorausgesetzt – möglich, die Tiefenstruktur aus den definierten Kompetenzen abzuleiten. Und vielfach wird es pragmatisch so gehandhabt. Eine andere Möglichkeit besteht aber darin, die personellen Leistungsmerkmale über eine fragebogengestützte Analyse direkt zu ermitteln. Bekannte Verfahren sind das Fleishman – Job Analyse System für eigenschaftsbezogene Anforderungsanalysen (F-JAS; Kleinmann, Manzey, Schumacher & Fleishman, 2010) oder das BIP-Anforderungsmodul, welches zur Instrumenten-Familie des Bochumer Inventars zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung gehört.

Wir nutzen diese Verfahren in Kompetenzmodellierungsprojekten ergänzend zur Critical-Incident-Analyse, um die Tiefenstruktur der zu entwickelnden Kompetenzmodelle zu erfassen.

Leistungen Obermann Consulting:

  • Entwicklung von Kompetenzmodellen
  • Implementierung von Kompetenzmodellen: Stakeholder-Management und Entwicklung von Performance-Support-Materialien
  • Anpassung der Auswahl-, Beurteilungs- und Entwicklungsinstrumenten an neu entwickelte oder überarbeitete Kompetenzmodelle

Literatur

Briscoe, J. P., & Hall, D. T. (1999). Grooming and picking leaders using competency frameworks: Do they work? An alternative approach and new guidelines for practice. Organizational Dynamics, Autumn 1999, 37–51.

Campion, M. A., Fink, A. A., Ruggeberg, B. J., Carr, L., Phillips, G. M., & Odman, R. B. (2011). Doing competencies well: Best practices in competency modeling. Personnel Psychology, 64, 225–262.

Flanagan, J. C. (1954). The critical incident technique. Psychological Bulletin, 51, 327–358.

Kleinmann, M., Manzey, D., Schumacher, S., & Fleishman, E. A. (2010). F-JAS – Fleishman – Job Analyse System für eigenschaftsbezogene Anforderungsanalysen. Göttingen: Hogrefe.

Mansfield, R. S. (1996). Building competency models: Approaches for HR professionals. Human Resource Management, 35, 7–18.

Marrelli, A. F. (2005). The performance technologist’s toolbox: Critical incidents. Performance Improvement, 44(10), 40–44.

 

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Hintergrundwissen Eignungsdiagnostik

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Klassische Testtheorie – mehrfach Schießen erhöht die Trefferquote

Versetzen Sie sich einmal in folgende Situation: Sie haben sich auf eine Führungsposition beworben und sind zu Ihrer großen Freude zu einem Einstellungsinterview eingeladen worden. Schon lange haben Sie auf diese Chance gewartet und möchten unbedingt einen guten Eindruck hinterlassen. Allerdings werden Sie zunehmend nervöser, je näher der Termin rückt. Sie fangen sogar an, nachts schlecht zu schlafen – den Abend vor dem Interview tun Sie vor lauter Nervosität kein Auge mehr zu. Beim Blick in den Spiegel am nächsten Morgen stellen Sie erschrocken fest, dass dies Spuren hinterlassen hat: Unter Ihren Augen haben sich graue Schatten breit gemacht. Nichtsdestotrotz sind Sie fest entschlossen, den Termin wahrzunehmen. Da Sie die Befürchtung haben, Ihr Erscheinungsbild könnte einen schlechten Eindruck bei den Interviewern hinterlassen, beantworten Sie während des Gesprächs alle Fragen mit leicht gesenktem Kopf, in der Hoffnung, dass dadurch Ihre Augenringe nicht auffallen. Später bekommen Sie von den Interviewern das Feedback, einen eher schüchternen Eindruck hinterlassen zu haben.

Für die zu beurteilende Kompetenz „Durchsetzungsfähigkeit“ haben Sie vom Interviewer entsprechend einen unterdurchschnittlichen Wert erhalten. Dies ist das erste Mal, dass Sie eine Rückmeldung dieser Art erhalten haben und Sie fragen sich, ob diese Beurteilung nicht auch durch Ihr Schlafdefizit und Ihre daraus veränderte Körpersprache verzerrt worden sein könnte.

Die perfekte Einschätzung über einen Bewerber finden

Genau damit beschäftigt sich die Klassische Testtheorie (kurz: KTT). Diese ist in der Psychologie eine Fehlertheorie zu eignungsdiagnostischen Messungen und damit auch eine Grundlage für das Interview. Eine Grundannahme der KTT besteht darin, dass der Messwert, den die Interviewer während der Übung bestimmen, sich immer aus dem „wahren“ oder auch „perfekten“ Wert einer Person sowie aus einem Fehlerwert zusammensetzt. Der „wahre“ oder „perfekte“ Wert ist die tatsächliche Ausprägung der Kompetenz. Er kann nie direkt beobachtet werden, sondern kann nur über Einschätzungen annäherungsweise erschlossen werden.

Der Fehlerwert ist ein zufälliger oder unsystematischer Messfehler. Dazu zählen wie in unserem Beispiel Stimmungsschwankungen, Ablenkungen der Beobachter, fehlinterpretierte Aussagen, zu heißes oder kaltes Wetter oder – wie in unserem Beispiel – Müdigkeit und dadurch hervorgerufenes missverstandenes Verhalten.

Abbildung 1: Einschätzung der Interviewer zu einer Kompetenz

Abbildung 1: Einschätzung der Interviewer zu einer Kompetenz

Gehen wir in einem Beispiel davon aus, dass unsere Kandidatin von mehreren Personen hintereinander interviewt wird. Nehmen wir weiter an, wir wüssten, wie hoch die Ausprägung davon ist, z. B. auf einer 5-er Skala eine 3. Nun entscheidet sich Interviewer 1, Herr Meise, beispielsweise für eine 3,5, da er die Kandidatin als sehr dynamisch im Auftreten erlebt und dies im Sinne eines Überstrahleffekts zu einer Überschätzung der Kompetenz führt. Interviewer 2, Herr Meier, bewertet generell etwas kritischer und wertet eine 2,0. Interviewerin 3, Frau Müller, hingegen möchte mehr Frauen in Führung bringen und gibt unserer Kandidatin eine 4,0. Und so weiter. Fazit: der Mittelwert aller Interviewer entspricht ziemlich gut dem „wahren“ Wert und damit der tatsächlichen Ausprägung der Kompetenz von 3,0.

Genau dies ist eine der Grundannahmen der KTT-Fehlertheorie. Im theoretischen Fall wird ein Interview unendlich mal (unter denselben Bedingungen) mit einer Person durchführt, dann mitteln sich die Messfehler irgendwann heraus und es bleiben der „wahre“ Wert oder die fehlerfreie bzw. „perfekte“ Einschätzung übrig. Andersherum gedacht: Ein Interview kann unendlich mal mit einer Person – oder auch – ein Interview einmal mit unendlich vielen Personen durchgeführt werden, um den Messfehler zu beseitigen.

Halten wir fest: Der Messwert setzt sich immer aus dem „wahren“ oder „perfekten“ Wert sowie aus dem Messfehler zusammen und er verschwindet, wenn wir entweder eine Messung an vielen Personen oder dieselbe Messung mehrfach an einer Person anwenden. Dies bedeutet schlussendlich, dass der gemessene Wert nahezu identisch mit dem „wahren“ oder „perfekten“ Wert einer Person ist, wenn wir ein Merkmal mehrmals bei einer Person messen.

Mehrere kurze Interviews besser als ein langes Interview

In diesem Kontext gibt es mehrere wichtige Schlussfolgerungen für die Interviewpraxis:

  1. Die Zuverlässigkeit der Einschätzungen steigt, wenn mehrere Interviewer ihr Urteil abgeben und wir den Mittelwert daraus nehmen.
  2. Die Zuverlässigkeit der Einschätzung kann außerdem gesteigert werden, wenn eine Kompetenz mit mehreren Messungen gemessen wird. Das ist der Hintergrund unserer Forderung, für die Beurteilung einer Kompetenz im Interview mindestens drei Fragen einzusetzen. Unendlich viele Fragen wären natürlich genauer. Der Mittelwert aus der Einschätzung zu drei Fragen reduziert jedenfalls den Messfehler erheblich gegenüber nur einer Frage.
  3. Weiterhin ist der Durchschnitt aus mehreren kurzen Interviews ebenfalls zuverlässiger als der eines langen Interviews. Nach dem ersten Interview sortiert sich der Bewerber vielleicht und beschließt, seine Beispiele mehr auf den Punkt zu bringen. Zudem begegnet er in mehreren Interviews auch mehreren unterschiedlichen Interviewern, sodass der „Fehler“ des Interviewerverhaltens ebenfalls reduziert werden kann.

 

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Professionelle Interviewführung: Lessons Learnend

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Fortsetzung der Kategorie aus dem letzten Newsletter (Star-Interviewmethodik)

Im letzten Newsletter wurde die STAR-Methodik zum Nachhaken in Interview-Situationen bereits kurz vorgestellt. Die aufgeführten Interview-Beispiele sind inhaltlich dem Aspekt der „Nachfrage S (Situation)“ aus dem Konzept zuzuordnen: Nachfrage S (Situation): „Wie war die Ausgangslage aus den Vorjahren und wie hoch war da das Bestandswachstum?“ Um darauf aufzubauen, wäre es möglich, im kommenden Newsletter die „Nachfrage A (Action)“, also die angemessene Fragestellung nach dem gezeigten Verhalten, zu thematisieren: Nachfrage A (Action, Verhalten): „Schildern Sie mir bitte: Was waren Ihre zwei oder drei wesentlichen Aktionen oder Entscheidungen, die der Schlüssel für das Wachstum waren?“

Folgend sehen Sie passende Interview-Beispiele, wie gewohnt ein positives 1 und ein negatives 2:

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